Mittwoch, 25. Januar 2006
me, moving
Albtraumjaeger
00:44Uhr | tag: auf Reisen
Zweimal haben sie mir heute bereits kalte Getränkte umsonst angeboten. Zweimal Orangensaft für 100 Minuten Verspätung. Wie schäbig von mir, dieses Angebot nicht wertzuschätzen. Da die Getränke nicht an den Platz gebracht werden, gehe ich selbstverständlich nicht hin, um mir eins zu holen. Stattdessen Dürrenmatt gelesen: Justiz. Just in dem Moment, da ich es hochjubeln will der Gedanke, dass ich das Adjektiv „großartig“ in letzter Zeit deutlich inflationär gebrauche. Konsequenz: Großartig-Verbot die nächsten Wochen. Nehmen wir also, keine Ahnung, die Adjekivmaschine benötigt dringend externe Stimulanz. Kaffee, Alkohol, interessante Mitreisende. Heute morgen mit einer Gruppe Opel-Betriebsräte in einem Abteil, einer Frau, die auf dem Weg zur Beerdigung ihrer Mutter war und einem Sänger, der vor einem Dutzend eine Bierbank drückender Zuschauer auftritt. Man frage mich nicht nach Einzelheiten: In der Regel führe ich ein eigenes Zugabteilleben und höre nicht hin. Die Frau mit der Beerdigung, korrekt in Schwarz gekleidet, hält sich erstaunlich, unterhält sich mit dem Sänger angeregt über die Spartarife der Bahn. Auftritt dann: Der Schaffner. Schafft es in kürzester Zeit, das ganze Abteil gegen sich aufzubringen, als er das Online-Sparticket der Trauernden ablehnt und auf einem neuen Ticket besteht. Gesprächsstoff für die nächste Stunde. Die Betriebsratsgruppe geschlossen mit der Frau zum Zugchef, der die Sache natürlich auf dem Kulanzweg bereinigt. Dürrenmatt etwas anstrengend dagegen – ah, ein Adjektiv! – nimmt mich dann aber gefangen. Wenn auch das Thema nicht neu ist, besticht er durch seine Haltung, seinen Stil, die bloße Beschreibung. Motive, Denkrichtungen werden nur angedeutet, verworfen, führen absichtlich in die Irre. Ist ungefähr so wie Bahnfahren, nur dass es keinen Orangensaft für verspätetes Verstehen gibt. Es kommt mir der Gedanke, dass Hartmut Mehdorn vielleicht ein genialer Theaterregisseur wäre. Egal, was er in die Hand nähme, die Leute fänden es verstörend absurd. Größte Herausforderung: Romeo und Julia. Ein Stück, bei dem es absolut um Timing geht. Gift, Dolchstoß, alles zeitlich genau abgestimmt. Aber heute würde das Ganze wohl schon daran scheitern, dass das Narkosemittel streng butgetiert wäre und also nicht verschrieben würde. Keine vermeintlich tote Julia, kein verzweifelter Romeo, eine mittelmäßige, weil mittellose Ehe, Scheidung mit 25 und andauernd haben die Züge Verspätung. Ich nun auch. ... Comment
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