mit sechs in der ersten klasse, wann denn sonst? nein, kein wunderkind. affe konnte ich schon und meinen namen. nur das s immer spiegelverkehrt. schreiben. und das das lesen? kurz danach wohl. es gab ein buch in schreibschrift über irgendeinen schäbbigen hund, der weggelaufen war. ein hausboot kam vor und ein feldweg.

alsbald wurde ich reichlich mit büchern versorgt. sogar in die leihbücherei ging ich und holte mir meine ersten enid-blyton-bücher ab und meine ersten mahngebühren. die „geheimnis-um“-reihe las ich ein einer woche in den herbstferien. zwei bücher am tag. freunde traf ich keine in dieser woche. falls doch, sind sie gelöscht. mit sicherheit waren sie mir lästig.

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meine phantasie war nie besonders ausgeprägt. dafür kannte ich jede menge bücher. die deutschlehrerin war begeistert. wenn wir geschichten schreiben sollten, erzählte ich bücher nach. mit sorgfalt und erträglicher rechtschreibung. texte las ich nicht, ich überflog sie. ich setzte mich auf meinen teppich und sauste los. meine mutter schenkte mir die unendiche geschichte und so stieg ich von meinem teppich auf fuchur, den drachen, um. den namen von atréju sprach ich ein jahr lang falsch aus. ich hatte ihn unter „irgendwasexotischesmita“ abgespeichert.

mit 14 hörte ich auf, an gott zu glauben und hob j.r.r. tolkien auf seinen thron. den herrn der ringe las ich von vorne bis hinten und wieder von vorne. ungefähr ein dutzend mal. ich sah keine notwendigkeit nach weiteren büchern. und ich wurde schneller. 1200 seiten an einem wochenende waren ein leistbares pensum, nur wenn sam und frodo im emyn muil herumirrten oder in mordor nach wasser lechzten, ging ich runter in die küche und fragte nach nahrung.

die deutschlehrerin versuchte uns thomas mann näherzubringen. sie war alt und hässlich. thomas mann war ein toter langweiler. trotzdem kam mir mein lesen zugute. ich hatte texte erfasst, als andere noch verlegen in der nase bohrten. in lothar günther buchheims „das boot“ kam ich dann nur bis seite 110. den rest kannte ich glücklicherweise aus dem fernsehen. für den aufsatz reichte es, aber es nagte an meinem selbstbewusstsein. es gab bücher, die man nicht schnell lesen konnte. anstrengende bücher. ich kapitulierte mehr als einmal. für den aufsatz reichte es trotzdem. ich bin ein frauenversteher. deutschlehrerinnen durchschauen geht schneller als bücher zuende lesen.

dann verschwamm die welt und ich konnte nicht mehr lesen.

als ich gelernt hatte, hinter der milchglasscheibe buchstaben zu unterscheiden und wieder anfing, texte zu lesen, merkte ich, dass die geschwindigkeit verloren gegangen war. mühsam fing ich die buchstaben wieder ein, die vor meinen augen tanzten. texte waren aufgaben, schwere aufgaben anfangs. und vom pageturner, vom fastfood-liebhaber wurde ich zum genießer. ich lernte einzelne sätze zu schätzen. so wie ich buchstaben einfing und in der richtigen reihenfolge ordnete, hatten andere mühsam und kunstvoll wörter aneinandergereiht. ich fing an, einzelne absätze vor mich hin zu summen. und ich las die buddenbroks. was für ein geiles buch. ich schaffe keine 1200 seiten mehr an einem wochenende, nicht einmal die hälfte. aber das stört mich nicht mehr. dafür habe ich lesen gelernt.