Eben gelesen:

Unschlüssig geht sie durchs Wohnzimmer, kramt in ihren CDs, nimmt eine Zeitschrift in die Hand, blättert ein bisschen. Plötzlich findet sie sich vor dem geöffneten Kühlschrank. Wütend knallt sie ihn zu, vor einer Stunde erst hat sie gegessen. Sie fühlt eine Unruhe, die ihr unerklärlich ist. Die Stille geht ihr auf die Nerven. "Fast wie Entzugserscheinungen", denkt sie... (details inside)

Der Text handelt von einer Frau, die ihren Fernseher abgeschafft hat. Er raubt ihr zu viel Zeit, strukturiert den Tag zu sehr. Macht süchtig. Wir kriegen solche Texte (der hier ist aus Psychologie heute, also der Brigitte der Sozialwissenschaftler) hier im Institut dauernd zugeschickt. Eigentlich etwas, worüber ich mich als abgeklärter Medienwissenschaftler lustig machen müsste.

Seit einer Woche habe ich nur noch Hausantenne. Also kein Pro7. Keine Friends, keine Simpsons, kein Malcom, kein Galileo und keine guten Filme. Und - wegen der Super-Telekom - auch keine Internetflatrate. Dafür ist seit vorgestern die Wohnung eingerichtet, nichts mehr zu tun, viel Zeit abends. Erwischte mich gestern dabei, wie ich zwischen 19:00 und 20:00 Uhr ziellos durch die Wohnung lief, lustlos zwischen ARD, ZDF, RTL, SAT.1, NDR und MDR herumzappte und schließlich bei "Charlies Tante" (mit Peter Alexander) auf MDR hängen blieb. Nach einer halben Stunde gings nicht mehr. Ausgeschaltet.

Fernsehen macht süchtig. Und ist eine Volksdroge. Man unterhält sich über Fernsehserien, Talkshows oder Filme. Freundeskreise definieren sich nicht zuletzt über eine ähnliche Mediennutzung. Als wär's eine Leistung, pünktlich um 18:58 Uhr die Simpsons einzuschalten. Beim Internet ist es ähnlich. Was ist interaktiv daran, sich von einer Seite zur nächsten zu klicken? Zappen mit mehr Auswahlmöglichkeiten. Und es gibt noch keine Couch. Ich werde in nächster Zeit weder meinen Fernseher, noch meine DSL-Flatrate abschaffen. Aber lustig machen über die Waldorf-Ökos ohne Fernseher werd ich mich auch nicht mehr.