Beitrags-Archiv 8. Dezember 2002 (Seite 1 von 1)
Sonntag, 8. Dezember 2002
siechtum der sinne


das wort - dem ohr vertaut - jagt ins hirn wie ein eiliges telefongespraech ins zimmer des vorstands geleitet wird nicht jetzt frl., es ist dringend herr dr..... ein schlag auf nackte haut erzeugt nur das bekannte zittern der glieder und augenschliessen

das bild verglimmt panthergleich hinter dem augenzucken die abwehr nur reflex und schlag - relflex zeit heilt wunderglauben ist fuer kleine kinder nicht spricht nicht malt nicht weint nicht wehrt sich nicht

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Russian Teenage Tragedies


Sie blickte zurück auf die weite Taiga-Landschaft, die zu beiden Seiten eines kleinen Flüsschens lag. Wie ein grüner Teppich bedeckten Lärchen und Kiefern sanft ansteigende Hügel, die sich bis zum Horizont erstreckten. Einige Sekunden lang blieben Kyrtys Augen auf dem Fluss hängen, als wollten sie Abschied nehmen von seinem Anblick. Sie wandte sich um. Zwei Steinwürfe zu ihrer Rechten mündete der kleine Fluss Jurjach in den gewaltigen Strom. Hätte Kyrty nicht gewusst, dass sie sich am Ufer eines riesigen Flusses befand, sie hätte auch an einem Meer, einem Ozean stehen können. So weit ihr Auge reichte, sah sie die bräunlichen Wogen der Lena. Kyrty suchte nach Dingen, die ihr bekannt vorkamen, doch jetzt, im Sommer, sah alles ganz anders aus. Von der weißen, einförmigen Landschaft des Winters war nichts mehr zu sehen. Irgendwo hier, an der Jurjach-Mündung war sie vor sechs Monaten zusammen mit ihren Großeltern den beschwerlichen Marsch über das Eis angetreten.

Jolo, der Pelzhändler, hatte sie in seinem Jeep die vereiste Jurjach hinunter bis hierher mitgenommen. Das große Eis sei ihm zu gefährlich hatte er gesagt, die Lena müssten sie schon zu Fuß überqueren. Zehn Kilometer marschierten sie über den gefrorenen Fluss, bis sie Sjalach erreichten. In der Hafenstadt an der anderen Lena-Seite wollte die Großmutter neue Schuhe kaufen und ihr Großvater hoffte, er könne einige Bücher bekommen, mit denen sie sich die langen Winterabende vertreiben konnten. Eigentlich war Sjalach nicht besonders groß, es gab ein paar ärmliche Läden und einen kleinen Hafen, der aber im Winter zugefroren war. Aber für Kyrty war es der schönste Ort, den sie sich vorstellen konnte. Hier hatte sie Jamas getroffen, den Sohn des Kapitäns. Da der Kapitän im Winter im Hafen von Sjalach festsaß, war er die meiste Zeit des Tages betrunken, den Rest verschlief er. Jamas arbeitete währenddessen im Laden seines Onkels. Als Kyrtys’ Großvater mit Jamas’ Onkel über den Preis für einen Stapel schäbig aussehender Bücher verhandelte, hatten sie sich zu ersten Mal gesehen. Kyrty hatte sich im Laden umgeschaut und dort Jamas getroffen. Jamas war 17, Kyrty 14. Über Nacht waren Kyrty und ihre Großeltern bei einer alten Frau geblieben, da der Weg über das Eis im Dunkeln viel zu gefährlich war. Es gab Bären im Wald, die manchmal aus ihren Höhlen hervorkamen, um in Ufernähe nach Löchern zu suchen, an denen sie fischen konnten. Und in der Flussmitte musste man über gefährliches Packeis. Kyrty ging bis ans Ufer des Stroms und schaute sich wieder um. Großvater hatte ihnen einmal erzählt, dass es im Sommer eine Fähre gab, die ganz in der Nähe der Jurjach-Mündung lag. Doch sie konnte nichts sehen außer dem Fluss und dem Wald. Am nächsten Morgen, als sie sich auf den Rückweg machen wollten, war ein gewaltiger Schneesturm über Sjalach hereingebrochen, der eine längere Wanderung unmöglich machte. So traf Kyrty Jamas ein zweites Mal, als sie und ihre Großmutter im Laden nach einer Decke suchten. Kyrty hatte den Kapitänssohn eine zeitlang beobachtet, seine schwarzen Haare betrachtet und seine kleinen, starken Hände. Dann hatte er sich plötzlich umgedreht und sie mit seinen großen braunen Augen angeschaut. So hatten sie sich ineinander verliebt. Kyrty setzte sich ans Ufer. Sie konnte nicht bis zur anderen Seite sehen, da in der Mitte der Flusses mehrere Inseln lagen, die ihr die Sicht versperrten. Fast sechs Monate war das nun her.

Nach drei Tagen, als der Sturm nachgelassen hatte, hatten die Großeltern zum Aufbruch gedrängt. Heimlich hatte sie sich von Jamas verabschiedet, dem sie in den letzten zwei Tagen nicht mehr von der Seite gewichen war. Da hatten sie sich geküsst. Vielleicht, hatte er gesagt, sei das Eis in der Flussmitte zu dünn, dann würde sie zurückkommen müssen. Doch es hatte gehalten. Wenn sie ihn doch noch einmal sehen könnte! Natürlich hatte die Großmutter gemerkt, dass etwas mit nicht stimmte. Sie hatte Jamas und Kyrty zusammen im Laden gesehen. Ob es mit diesem Jungen zu tun habe habe, fragte sie Kyrty. Sie solle ihn sich aus dem Kopf schlagen, sie sei noch viel zu jung. Kyrty war stumm neben den Großeltern hergelaufen, die sich gegenseitig vorwarfen, zu viel Geld für Bücher und Schuhe ausgegeben zu haben. Zwischendurch hatte der Großvater sie immer wieder ermahnt, auf das Eis zu achten. Es trug. Sie hatten gerade den schmalen Packeisgürtel überquert, als sie hinter sich laute Schreie hörten. Sofort hatte sie die Stimme erkannt. Jamas! War er ihnen gefolgt und nun im Packeis eingebrochen? Kyrty weinte. Hinter dem Tränenschleier sah sie, wie die warme Julisonne hinter den Wolken hervorkam, die sie bisher verdeckt hatten. Als sie an der Stelle ankamen, von der aus sie den Schrei gehört hatten, war von Jamas nichts zu sehen. Aber dort, wo sie selbst noch vor wenigen Minuten das Packeis überquert hatten, zog sich ein langer, breiter Riss die Flussmitte entlang. Sie konnten nicht hinüber, der Riss war schon zu breit und die Großeltern hatten sie mitgezogen, um möglichst schnell das andere Ufer zu erreichen. Sie schafften es. Das Eis hatte getragen. Warum hatte Jamas geschrieen? Sie stand auf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Träge floss der braune Strom an ihr vorbei. Heute würde er nicht tragen, das wusste sie.

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