mit etwas zeitlicher distanz legt sich dann doch das gefühl des aha-effekts und macht einer nüchternen sichtweise platz:

2015, also in knapp zehn jahren, wird es die klassischen medien in der gewohnten form weiter geben. wer's nachschlagen will: das nennt sich rieplsches gesetz:

"Alte, einfache Medien können einem von neuen, höher entwickelten Medien "niemals wieder gänzlich und dauernd verdrängt und außer Gebrauch gesetzt werden [...], sondern sich neben diesen erhalten, nur daß sie genötigt werden, andere Aufgaben und Verwertungsgebiete aufzusuchen."

anders gesagt: es wird weiter zeitungen, fernsehen und nachrichtenagenturen geben, nur dass sie sich vor allem auf ihre kernkompetenzen konzentrieren und u.U. ihre zielgruppen neu definieren. diese medien werden weiter ihre nutzerschaft finden, soweit sie auch nur eine relevante usp besitzen.

beispiel zeitung: versucht bitte mal, mit spiegel online oder der netzeitung eine fliege totzuschlagen. oder mit itunes einen karpfen einzuwickeln.

beispiel nachrichtenagenturen: bringt google bitte mal bei, die glaubwürdigkeit einer information mit zwei anrufen gegenzuchecken. geht? mit welcher fehlerquote?

und jetzt mal zu den zielgruppen: versucht mal bitte Euren eltern, die schätzungsweise etwa 60 jahre plusminus zehn sind zu erklären, dass sie sich bald gefälligst nur noch via online-medien informieren sollen. werden sie nicht machen. und weil sie eine lebenserwartung um die 80 jahre haben und dank der modernen medizin auch noch lange mobil und vielfach geistig fit bleiben werden, stellen sie eine hochrelevante und kaufkräftige zielgruppe dar. nix mit rentenkürzung bei dieser altersgruppe. die bekommen den vollen satz und werden ihn auch ausgeben im alter. für zeitungen, premiere-abos und gez-gebühren.

es wird in zukunft viel eher der fall sein, dass es mehrere sich - vor allem durch alter und bildung - unterscheidende gesellschaftliche gruppen geben wird. eine gruppe werden die älteren teens und jüngeren twens sein, die sich für die aktuelle info-avangarde halten, die aber eine minderheit darstellen werden. eine andere gruppe wird der mainstream ab 50 sein. zwar offen für neues, aber nur, wenn es praktisch und nicht zu kompliziert ist. diese gruppe wird nicht auf einen ulrich wickert oder einen klaus kleber verzichten wollen, der ihnen am späteren abend noch mal eben die welt erklärt. in dem film kommt dieser aspekt zu kurz: klar, heißt es, wird es die nyt noch geben. aber nur für eine schmale info-elite und für ältere leute. nur dass die sog. "älteren leute" verdammt wichtig sein werden. als zielgruppe. als konsumenten. als wähler.

was ich cool an dem film finde, ist die aussage, dass das netz für eine gruppe eine informationsvielfalt und -tiefe bereitstellen wird, wie es sie nie zuvor gegeben hat. und für eine andere gruppe wird das netz nichts anderes sein, als der lieferant oberflächlicher belanglosigkeiten. eine digitale spaltung also, die sich weniger in der geräteausstattung niederschlägt, als vielmehr in der nutzungskompetenz. gilt fürs fernsehen doch jetzt schon.

2015 wird google weiterhin mit wasser kochen. und wir werden weiterhin am stammtisch darüber diskutieren können, ob das schmutziges wasser ist oder relativ sauberes. und klaus kleber wird abends im zdf auch noch seinen senf dazugeben können. ficken.