Mittwoch, 18. Oktober 2006
Auf der Flucht mit dem Wohnmobilzweirad.
Kailoi
11:22Uhr | tag: Traumbeute
Aus nachvollziehbaren Gründen beginne ich bei der Rekapitulation des Traumes, den ich vergangene Nacht träumte, an dem Punkt, ab dem es meinem Bewusstsein gelang, die wirre Abfolge der Ereignisse mitzuverfolgen und meinem Gedächtnis anzuvertrauen. Frau Marraine und Herr Christel haben sich ein imposantes Wohnmobil gekauft und fragen mich, ob ich kurz mit zur Versicherung mitfahren wolle, sie hätten dort noch etwas zu erledigen. Ich willige ein und wir fahren zu der Versicherung, die schräg gegenüber vom Doberg-Museum liegt, obwohl an der Stelle des Doberg-Museums eigentlich noch der Spielplatz ist, den sie damals für die Erichtung des Museums plattgemacht haben. Die Versicherung entpuppt sich als Gaststätte. Die Inneneinrichtung ist in büromöbeltypischem Buchedekor gehalten und es ist klar zu erkennen, dass am gesamten Inventar die dekorative Gestaltungsphantasie einer Frau ohne Stilempfinden am Werk war. In den Nischen und an den Säulen, die vom Thresen zur Decke ragen, prangen Gestecke aus bunten Metallglanzschleifen und Kunstlaub. Der Gesamteindruck schwankt zwischen Eck-Lokal und Weihnachtsteller und ich glaube in den Augen der Versicherungswirtin viel Leid, Frustration und den verzweifelten Wunsch nach Schönheit zu entdecken. Ich sehe sie im Bruchteil einer Sekunde morgens die Bürokneipe öffnen und eine ungeweinte Träne unterdrücken, wenn ihr der Geruch von kaltem Rauch und abgestandenem Bier entgegenschlägt. Sie wollte sicherlich Hair-Stylistin werden oder Solariumbesitzerin und jetzt sitzt sie hier, wegen ehetechnischer Verwicklungen an diese abartige Mischung aus Versicherungsagenturzweigstelle und Bierlokal gefesselt. Herr Christel nutzt die Gunst der Stunde und bestellt Kaffee und ein Schnitzel. Er fragt mich, ob ich auch Kaffee möchte, ich lehne ab, worauf er versucht, mir das eben bestellte Schnitzel aufzunötigen. Es ist ein kleines, kaltes Schnitzel mit einer grindigen Mandelpanade. Es liegt auf einem kleinen Teller ohne Dekoration oder den Versuch, eine Beilage zu ergänzen, als sei es vom Mittach übriggeblieben und dann zufällig auf die Speisekarte geraten. Der weitere Verbleib des Schnitzels bleibt ungeklärt, denn der Inhaber kommt mit dem, weshalb die beiden Freunde eigentlich hier sind. Frau Marraine und er hatten nämlich erfahren, dass es hier günstig Europa-Flaggen zu kaufen gäbe. Der Inhaber kommt mit einem großen Exemplar und einem kleinen, das man oben am PKW-Fenster montieren kann. Allerdings sind die Sterne auf der Flagge weiß statt gelb - ein Fehldruck, wie ich vermute. Deshalb also der unschlagbar günstige Preis. Ich sehe Herrn Christels Gesicht die eindeutige Unzufriedenheit mit dem Produkt an. Dennoch möchte er kein Spielverderber sein und die Mühen des Inhabers, in irgendeinen Verschlag oder Kellerraum gestiefelt zu sein, um die Mängelware hervorzuwühlen, umgehend enttäuschen. Er entscheidet sich zu einem Ablenkungsmanöver, sagt, er wolle sich mal anschauen, wie die Flaggen am Wohnmobil wirken würden, bevor er sich entscheiden kann. Wir stehen vor dem Wohnmobil. Der Versicherungskneipier, Frau Marraine, Herr Christel, ich und noch ein anderer Kerl - ein klobiger, nicht ganz astrein wirkender Typ, der ganz offensichtlich zum Personal des Inhabers gehört. Während die Freunde mit dem Inhaber darüber diskutieren, wo und wie die Flaggen zu installieren seien, beginnt der dubiose Mitarbeiter des Inhabers ungeniert, mit einem Teppichmesser einige Zahlen aus einer Plakette des Wohnmobils zu schnitzen. Sicherlich nicht ganz zu Unrecht glaube ich, dass da ein krummes Ding läuft. Ich rufe HE! Der Typ dreht sich zu mir um, ist mit zwei großen Schritten bei mir und hackt mir das Teppichmesser tief in den rechten Arm, setzt noch einmal neu an und schlägt es mir dann in den Hals. Das Gefühl und der Geschmack von Blut durchdringt mich. Ich wache einmal kurz auf und schlafe wieder ein, um diese ungünstige Entwicklung zu korrigieren. Ich stehe also wieder vor dem Wohnmobil. Die beiden Freunde befinden sich gerade im Inneren des Mobils. Ich entscheide rasch, wie diese Situation ohne größeres Risiko und lange Verhandlungen zu beenden ist. Ich schleiche mich ans Steuer des Fahrzeuges und fahre los. Kurz darauf ist aus dem Wohnmobil ein Motorrad geworden. Ich fahre ungebremst, eine Bande von gefährlichen Kriminellen hinter mir fürchtend, die Straße entlang. Ich missachte die Tatsache, dass ich garnicht Motorrad fahren kann ebenso, wie einige Ampeln und Verkehrsschilder; fahre einige brenzlige Verkehrssituationen meisternd einem anderen Motorradfahrer hinterher. Ich folge dem anderen auf unbekanntes, ländliches Gebiet. Über einen Feldweg folge ich dem anderen Motoradfahrer zu einem Hof, auf dem große, verrostete Schrottteile liegen, zwischen denen wildes Gestrüpp wuchert. Der andere fährt in einen großen Schuppen und kurz darauf ertönt aus derselben eine seltsame Art von Rockmusik, die mich zu der Überzeugung veranlasst, dass dieser Motorradfahrer kein guter Verbündeter für mich sein kann. Ich beschließe, den Ort zu verlassen, bevor der andere mich entdeckt, wende das Motorrad dicht an einem alten Anhänger vorbei mit der bewussten Erkenntnis, dass mir dieses Manöver eigentlich nicht gelingen dürfte und schaffe es doch, in einer anderen Richtung weiterzufahren. Ich lande an einer anderen Scheune, die verlassen zu sein scheint und den Vorteil aufweist, mit großen Bahnen aus grobem Sackleinen behängt zu sein, hinter denen man sich gut verstecken kann. Die Scheune scheint recht groß zu sein, ein verlassener Stall vielleicht, mit labyrinthisch verzweigten Nischen, die zu großen Toren aus Wellblech führen. In einer dieser Nischen steht ein alter, verrosteter Bus ohne Räder, in dem ein alter Mann mit einer Mistforke Stroh verteilt. Er sieht mich mit jener Art von Verblüffung an, die einerseits zeigt, dass ich ihn bei einer eigenartigen Tätigkeit ertappt habe, andererseits aber auch fragt, was ich hier überhaupt zu suchen habe. Erneut kehre ich um, ohne mich auf längere Verhandlungen einzulassen. Erschrocken stelle ich fest, dass die Stelle, an der ich den Ausgang dieses eigenartigen Stalles vermute, verschlossen ist. Die Verhüllung aus Sackleinen ist an dieser Stelle plötzlich fest zugeknüpft. Neben mir taucht eine dicke, schmutzige Frau auf, die mir mit einem verschwörerischen Unterton in der Stimme vorschlägt, doch einfach zu bleiben und es mir gemütlich zu machen. Einen kurzen Moment später rase ich auf leuchtend gelben Weizenfeldern entlang. Panikerfüllt halte ich sämtliche Strassen für trügerisch, wenn sie allesamt zu derart beunruhigenden Scheunen führen. Ich denke mich auf die Metaebene, frage mich, warum ich nicht etwas Schönes träumen könnte, ob ich nicht durch schöne Gärten fahren könnte, was in diesem Moment auch passiert, denn im Traum ist keine Distanz zwischen einem Gedanken und dessen Ausführung. Ich fahre also durch eine übermannshohe Hecke in einen schönen Garten, wo nette Herrschaften um einen Gartentisch sitzen, Bier trinken und grillen, fahre durch eine weitere Hecke in einen weiteren schönen Garten, vorbei an gelborangenen Sonnenschirmen und Hollywoodschaukeln. Plötzlich wird mir bewusst, dass das alles kein Traum ist, sondern ein Buch, dass Herr Christel unter dem Pseudonym Jobluonsky geschrieben hat und das innerhalb kürzester Zeit zum Bestseller geworden ist. Ich blättere durch die Seiten und erwache mit dem Gedanken, dass Herr Christel verdammt reich geworden sein muss... ... Comment
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