Froschkoenig und Maennerherrschaft – Eine Analyse. Fast von Christa Wolf
Montag, 18. November 2002
Froschkoenig und Maennerherrschaft – Eine Analyse. Fast von Christa Wolf

Folgendes Histörchen existiert zwar schon seit einiger Zeit, wurde aber bisher nicht veröffentlicht. War wahrscheinlich auch besser, aber was soll's. Ich will schließlich Euphorika nicht verwaisen lassen...

Leer und grausam starren sie mich an. Hier wird es geschehen. Hier geschah es immer wieder. Die goldene Kugel vor meinem inneren Auge rotiert, wird größer, drohend, spricht, ächzt mit seiner Stimme: Kassandra, Prinzessin Trojas. Ich übergebe mich, es wird dunkel.

Der Ball ist ein Geschenk des Königs, der mein Vater war. Zu groß, um ihn mit einer Hand zu fassen, zu schwer, ihn lang zu tragen, ein gutes Geschenk die Tochter zu bändigen. Symbol unserer Macht soll er sein; ganz aus Gold, besetzt mit grünen Perlen aus dem Amazonenreich. Du sollst ihn nehmen, Kassandra, ihn hüten und bewahren, er steht für das Schicksal Deines Volkes. Aus dem warmen Schoß der Mutter, die mich Umsicht und Barmherzigkeit lehrte, wurde ich den Armen des Vaters zugetrieben. Gerechtigkeit und Verantwortung waren seine Reden, männliche Reden.

Ich stieß ihn über die Stadtmauer. Den Ball. Doch Poseidon hatte seinen Willen gegen seine Stadt gerichtet und den Ball Achill, dem Vieh in die Hand gegeben. Dies ist der Schlüssel von Troja.

Ich bereute den Verlust des Balles nicht, aber die Amazonenkönigin war tief verzweifelt, als ich der Verbündeten Trojas meine Tat gestand. Damit, sagte sie, hast Du Dein Volk getötet. Der König wird ihn wiederhaben wollen. Er wird erbost sein über Deine Verantwortungslosigkeit der Stadt gegenüber und Deinen Ungehorsam gegen ihn. Ich hatte sie nie so gesehen, sie war gebrochen bis ins Herz. Ich beschloss, den Ball zu suchen, wenn nötig bei der Suche zu ertrinken, so liebte ich die Amazonenkönigin.

Doch war gerade die Belagerung in ihr siebtes Jahr gegangen und der König hatte einen Ausfall gewagt, um sich mit seinen Verbündeten im Norden zu besprechen. Da trat Achill, das Vieh, alleine, ohne Waffen an die Stadtmauer, die Kugel in der Hand. Wie ich gehört habe, hat Prinzessin Kassandra ihr Spielzeug verloren. Wie ich weiter gehört habe, sucht sie schon seit Jahr und Tag danach, da sonst ihr Vater sie blenden lässt und in den Tempel verbannt. Sieh her Kassandra, Prinzessin Trojas. Ich habe Deinen Ball gefunden und ich gebe ihn zurück. Was willst Du, Bestie? entgegnete ich, die ich noch ein Kind war vor drei Jahren. Mach die Tore auf, lass meine Armee in den Palast und ergib Dich, brüllte er mir hämisch entgegen, die ich mit meinen Brüdern an der Mauer stand. Doch das hat Zeit, zunächst soll Hektor, der Held Trojas, meine Blutgier stillen. Er schleuderte den Ball über die Mauer und traf Hektor, meinen Heldenbruder an der Schläfe, so dass er niederfiel und von der Mauer stürzte. Das Schicksal war besiegelt

Kassandra, Prinzessin Trojas. Der Ball droht blutbeschmiert.

Heute bezahle ich meine Schuld. Ich habe gewarnt, den Götzen nicht in die Stadt zu holen. Doch der König, der mein Vater war, ließ im Taumel die Tore einreißen. Sie kommen. Die Stadt brennt und Achill ist lange tot. Doch seine Rächer töten im Blutrausch. Der König steht mit blutigem Schwert an der Tür, seine Augen glänzen fiebrig. Er faselt: Wir werden siegen. Agamemnon, Achills Rächer, wird hingestreckt von meiner Hand. König, sage ich, Vater. Wir werden untergehen. Ich hatte den Ball weggeworfen. Er war zu schwer. Jetzt ist er mit Blut besudelt. Achill hatte ihn. Er bricht zusammen. Du Schlange, dann empfang das Schicksal, dass der Mörderin Trojas zusteht.

Die Tür wird aufgestoßen. Agamemnon. Kassandra, ich komme, deine Schulden einzutreiben. Der König bricht zusammen. Nimm sie. Ich kenne sie nicht. Ich muss mich übergeben.

Die Löwenköpfe sind vorüber. Der Wagen rollt zur Burg hinauf, ein Dolch blitzt. Mein Dolch. Er wird bald keine Macht mehr haben über mich.

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