Gesinnungsvegetarier
Vor acht Jahren habe ich aufgehört, Fleisch zu essen. Ich tat es ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen aufgrund einer chronischen Krankheit. Der Fleischverzicht war kein homöopathischer Hokuspokus, sondern der Ratschlag eines nüchternen Schulmediziners.
Es war mir lange Zeit wichtig, nicht als „Gesinnungsvegetarier“ wahrgenommen zu werden. Denn mit der Tatsache, dass Menschen Tiere essen, hatte ich tatsächlich kein grundsätzliches Problem. Schließlich passiert dies seit Hunderttausenden von Jahren. Tiere essen Tiere, Tiere essen Menschen, Menschen essen Tiere. So what? Die von mir so bezeichneten „Gesinnungsvegetarier“ versuchten aus meiner Sicht, diesen Umstand moralisch neu zu bewerten, indem sie Tieren menschliche oder menschenähnliche Eigenschaften zuschrieben und so eine argumentative Tabuzone um sie herum zu errichten. Zudem gibt es leider ein paar unglaublich unsympathische „Gesinnungsvegetarier“, die ihr Ernährungsverhalten in einen Gesamthabitus integrieren, der vor Narzissmus und Arroganz nur so trieft. Schreckliche Menschen, mit denen ich nicht in einen Topf geworfen werden wollte und werden will.
In den letzten Jahren jedoch wurde ich mit drei Argumentationslinien für die vegetarische Ernährung konfrontiert, die ich zunehmend als so unwiderlegbar und wichtig anerkennen musste, dass ich meine bequeme Position („Ich hab mit diesen ideologisch verblendeten Spinnern nix zu tun, ich mach das nur für meine Gesundheit!") überdenken musste:
- Die Ineffektivität der fleischlichen Ernährung:
Die Aufzucht von Fleischvieh benötigt eine Unmenge natürlicher Ressourcen und ist, gerechnet auf die Kalorienzahl, ein Vielfaches ineffektiver als der Anbau von pflanzlicher Nahrung. Bei der zunehmenden Weltbevölkerung wird dies zu einem wirklichen Problem.
- Die objektiven Schäden der Fleischviehhaltung:
Bei der Viehzucht werden Unmengen an Treibhausgasen produziert und tierische Exkremente belasten in hohem Maße die Umwelt. Die Ernährung von Fleischvieh kann nur mithilfe riesiger Monokulturen sichergestellt werden, durch die wichtige Elemente der globalen Biosphäre zerstört werden. Darüber hinaus sind Massentierhaltungsbetriebe die besten Laboratorien zur Zucht neuer, multiresistenter Krankheitserreger.
- Tiere sind nicht wie Menschen, aber auch sie empfinden Schmerz:
Wir können uns gerne darauf einigen, dass Tiere dümmer und hässlicher als Menschen sind. Sie sind nicht so kreativ wie wir und scheinen sich nicht besonders für die großen Fragen nach dem „Woher“ und dem „Wohin“ zu interessieren. Aber: Auch Tiere können Schmerzen empfinden und für den Umgang mit Tieren sollten deshalb Mindeststandards gelten. Zumindest dieser eine hier: Tieren sollte durch Menschen nicht mehr Leid zugefügt werden, als dies durch ihre Position in der Nahrungskette und durch die Eigenschaften ihrer ökologischen Nische eh der Fall ist. Dieser Mindeststandard wird bei 99 Prozent der für die Fleischaufzucht gehaltenen Tiere aber nicht eingehalten.
Was soll ich sagen: Auch ich bin zu einem Gesinnungsvegetarier geworden. Ich würde behaupten, dass mir mein Fleischverzicht aus gesundheitlichen Gründen sehr dabei geholfen hat, Argumente, die gegen den Fleischkonsum sprechen, objektiver zu bewerten. Denn seit ich kein Fleisch mehr aß, empfand ich Argumente gegen das Fleischessen nicht sofort als Anklage an meinen eigenen Lebensstil und reagierte auch nicht automatisch mit Abwehrreflexen.
Ich bin zwar immer noch weit davon entfernt, andere in Ernährungsfragen missionieren zu wollen. Aber für mich selbst bin ich zu der Überzeugung gekommen: Nachdem ich ein Vierteljahrhundert Fleisch gegessen habe, werde ich dies aller Voraussicht nach nie wieder tun. Weil mein Verzicht für mich und viele andere etwas Gutes ist.
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richtig nervig sind veganer. hammse sich schonmal mit veganern unterhalten? anstrengend. für die sind vegetarier noch verbrecher an der natur...
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don papp, 02.07.13, 20:55
ich sach nur makrobioten, da geht nix mehr...
doch, misosuppe
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darüber kommen nur noch die lichtnahrungs-esos. aber die leben ja nicht lang...
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Albtraumjaeger, 02.07.13, 23:01
Ich habe mich schon ziemlich häufig mit Veganern unterhalten. Sie hantieren im Grunde mit den gleichen Argumenten wie ich auch. Insofern finde ich Ihren Ansatz komplett nachvollziehbar und in vielen Belangen konsequenter. Denn was für Fleischviehhaltung gilt, gilt gleichermaßen auch für Milchviehhaltung und die Eierproduktion. Andererseits sind die wichtigsten Argumente gegen den Verbrauch tierischer Erzeugnisse, wenn man sie genau prüft, nicht eigentlich prinzipiell gegen Tierprodukte gerichtet, sondern nur gegen den massenweisen Gebrauch und die vorausgehende Massenproduktion. Würden die Menschen tierische Produkte wirklich als etwas Besonderes ansehen, würden sie beispielsweise wirklich nur einmal pro Woche Fleisch essen und dafür auch einen angemessenen Preis bezahlen, wäre schon viel gewonnen. Man würde sich einer Tierhaltung annähern, die wieder vertretbar wäre. Aber genau das passiert ja nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Fleischessen ist bei uns die Normalität und gilt in vielen Kulturen als Statussymbol. Würde man den Preis für ein TK-Hühnchen beispielsweise auf mindestens 10 Euro erhöhen und dafür sorgen, dass der zusätzliche Gewinn in die artgerechte Haltung der Hühner fließen würde, wäre das schon ein Riesenfortschritt. Aber er würde dazu führen, dass Fleisch auch bei uns ein Luxusprodukt würde, das für viele unbezahlbar ist. Selbst die Prenzlauer-Berg-Grünen sind nicht verblendet genug, um nicht zu wissen, dass man mit solchen Forderungen politisch ans Kreuz genagelt wird. Natürlich finde auch ich solche Veganer anstrengend, wie Sie sie beschreiben. Allerdings bestreite ich vehement, dass die meisten Veganer "Softie-Vegetarier" wie mich als "Verbrecher an der Natur" ansehen. Das wäre im Übrigen auch sehr dumm. Zum Umdenken bringt man Menschen nicht, indem man Ihnen erzählt, wie scheiße sie sind. Sondern indem man ein alternatives Modell lebt und damit beweist, dass es möglich ist.
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Da stimme ich Ihnen zu: Ich bestreite nicht, dass es schlagkräftige Argumente für vegetarische Ernährung gibt. Wenn sich immer mehr Menschen für diese Art der Ernährung entscheiden, sollte der Markt für massenproduzierte Tierprodukte von allein schrumpfen. Übrigens ist es vielen Menschen schon bewusst, dass vegetarische Ernährung gesünder, ökologisch und politisch sinnvoller ist, als das, was sie vielleicht im Moment tun. Kommt es zu diesem Thema, hört man immer häufiger etwas wie "Ich finde das ja total gut/Ich habe selbst schonmal überlegt, ob ich weniger Fleisch essen sollte". Die meisten Leute stecken in Ihren Gewohnheiten fest, haben keine Idee, wie sie ihren Speisezettel umstellen sollen. Etwas, wie die eigenen Ernährungsgewohnheiten umzustellen, erfordert zweifellos einen prägenden Schlüsselmoment. Gesundheit, Tierliebe, Lebensmittelskandale oder das soziale Umfeld können so etwas auslösen. In den meisten Mensen, Kantinen und Restaurants ist es mittlerweile üblich, dass es wenigstens eine fleischlose Alternative gibt. An der Leuphana gibt es sogar regelmäßig vegane Speisen. Gerade in der Geflügelbranche findet derzeit ein Wandlungsprozess statt. Es gibt Produkte, die für einen etwas höheren Preis den Tieren etwas weniger Qual zugestehen. Das ist sicher noch nicht der Weisheit letzter Schluss, geht aber in die richtige Richtung. Es gibt sicher die vernünftigen Veganer, die ihren Standpunkt unaufdringlich vertreten. Vielleicht sind es mittlerweile sogar mehr als die Fundamentalisten, die diese Bewegung begründet haben.
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Albtraumjaeger, 03.07.13, 14:56
full ack. Für mich war es neben dem "Schlüsselmoment" ganz entscheidend, zu erfahren, das die "logistischen Probleme" einer fleischlosen (oder auch fleischarmen) Ernährung (wo kaufe ich was ein, welche alternativen Gerichte gibt es?) auch jede Menge Spaß bedeuten können. Besonders wenn man gerne kocht, ist es wirklich cool, altbekannte Zutaten durch neue zu ersetzen und auch komplett neue Gerichte kennenzulernen. Erinnere mich z.B. gerne an meine Versuche, Gelantine durch verschiedene Alternativen zu ersetzen. By the way: Agar-Agar, ganz feines Zeug.
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Agar-Agar verwende ich auch häufig. Allein schon wegen des coolen Namens.
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Witzigerweise habe ich vor Ihrem Artikel hier ein Interview zu diesem Thema gegeben. http://www.fnordwind.de/rfw-vegan/
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Online seit 8129 Tagen
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Online seit 8001 Tagen.
Das sind über zwanzig Euro!
by Kailoi (23.07.24, 11:02)
Und Kaloi hat die
Bilder dazu gemalt 😺
by Albtraumjaeger (06.12.21, 14:08)
Matze macht Märchen
https://beffana.net/blog/2021/12/01/beffana-2021-staffel-6-folge-1-der-rattenkoenig/
by Kailoi (03.12.21, 14:00)
Die Tage werden wieder kürzer.
Vielleicht sollten wir unsere Schreibtische verlassen und zwischen den...
by Kailoi (29.09.21, 20:20)
fun fact
by Kailoi (12.07.21, 12:16)
Online seit...
by ChrisTel (18.06.21, 22:49)
danke. hat mich gefreut!
:)
by Anonymus (23.06.20, 15:30)
von mir auch allet
jute!
by kraehenpost (18.06.20, 10:58)
Online seit...
by ChrisTel (18.06.20, 09:02)
Online
by Anonymus (13.06.20, 12:10)
#thismorningwalk
by Anonymus (13.06.20, 12:08)
Uuuuund... noch'n Podcast hier: https://im-moor.net
(kann man ruhig hören. ist seehehr gut))
by Albtraumjaeger (13.04.20, 18:12)
Weihnachtshexe Beffaná FYI Ich hab
einige Songs meiner diesjährigen 24-teiligen-Podcast-Serie über die Weihnachtshexe Beffaná in...
by Albtraumjaeger (07.01.20, 17:41)
Habs mir gerade angehört.
Cooler Text. Frohes Neues!
by Albtraumjaeger (02.01.20, 09:39)
Brückengeländer
by Anonymus (31.12.19, 13:27)
:)
by Anonymus (31.12.19, 13:24)
Farbe ist meine Welt
by ChrisTel (23.12.19, 00:13)
Respekt Was sind das für
Wesen, die von hinter ihrem Zaun aus 2 Zentimeter Entfernung...
by marraine (11.12.19, 14:08)
👍🤗
by Albtraumjaeger (06.12.19, 14:58)
Update 6.12
Ich habe
mich entschlossen, den ganzen Kram einfach wieder in Ordnung zu...
by marraine (06.12.19, 14:47)
Ach du fuck! Ichhab gestern
Abend aus einer Laune heraus Lotto gespielt. Wenn ich...
by Albtraumjaeger (06.12.19, 07:50)
Advent, Advent Ich versuche ja
geduldig zu sein, Erwachsen und einsichtig, ruhig und gelassen, die...
by marraine (06.12.19, 01:47)
Jean-Luca
by ChrisTel (28.11.19, 14:02)
Vielleicht tröstet dich neben diesem
"Ich werde alt"-Gefühl auch die Einsicht, dass die Schwelle...
by Kailoi (01.10.19, 12:29)
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