Donnerstag, 27. November 2014
Ich blieb einfach stehen
Albtraumjaeger
23:18Uhr | tag: Gegen alle Jahreszeiten
Da waren zwei leere Din-A-4-Seiten, und ganz oben die Frage: "Beschreibe dich mit eigenen Worten." Natürlich lautete die Frage irgendwie anders, aber genau darauf lief es hinaus. Ich würde gerne sagen, wie lächerlich das alles war. Was glaubten sie denn, was Menschen wie ich schreiben würden? Aber eigentlich wusste ich, dass sie gar keine Wahrheit erwarteten. Sie wollten Performance. Sie wollten beeindruckt werden, egal, ob ich sie mit meiner Antwort berühren, oder sie beschimpfen würde. Egal, ob ich das Blaue vom Himmel erzählen oder nah an der Realität bleiben würde. Sie wollten nur am Ende das Gefühl haben, überzeugt zu sein. (weiterlesen) Das war ihre Wahrheit. Und meine war es auch. Ich saß vor dieser Frage und durch meinen Kopf rasten die Varianten einer Antwort. In Sekundenbruchteilen glich ich unsere Erwartungshaltungen gegeneinander ab, um den perfekten Fit zu finden. Ich wollte ihn finden. Ich wollte beeindrucken. Ich wollte gefallen. Es war das einzige, was ich wirklich gut konnte. Neben dem Zettel lagen zwei blaue Stabilo-Fineliner und ich fragte mich, warum es zwei waren. Nein, tat ich nicht. Tatsächlich stellte ich nichts an der ganzen Situation in Frage, denn es hätte mich davon abgelenkt, meine Aufgabe zu erfüllen. Und es war purer Zufall, dass die Tür aufging, ein Mann hereinkam, um mir ein Glas Wasser auf den Tisch zu stellen, und diesen Mann, der in meinem Alter war, kannte ich, und ich legte den Stift aus der Hand, und stand auf und blieb einfach stehen, denn ich kannte ihn von früher, als wir Kinder waren und zusammen gespielt hatten, wir zusammen Borussia Dortmund Frank Mill und Marcel Raducanu gegen seinen Bruder FC Köln Flemming Povlsen und Toni Schumacher und wir haben immer alles zusammen gemacht, bis ich merkte, dass er mir ein Klotz am Bein war, weil er komisch war und schwach und weinerlich, und von den anderen in der Schule gemieden wurde, weil er von seinem Vater verprügelt wurde und sich nicht wehrte und Fünfen und Sechsen schrieb, wie konnte man nur so dumm sein, dass man Sechsen schrieb, und dann auch noch heulte vor der ganzen Klasse, aber da stand er nun mit dem Glas und der Flasche in der Hand, der immer Zeit gehabt hatte, weil er kein Instrument konnte und in keinem Sportverein war, weil er ein Versager war, der von seinem Versager-Vater verkloppt wurde, ob es nun Sechsen in der Schule gab oder einfach nur so, weil das Leben scheiße war. Ich blieb einfach stehen. ... Comment
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