Wenn die einzige Aufgabe das Tages der Wocheneinkauf ist und selbst das zu einem fast unlösbaren Problem wird, ist es an der Zeit zuzugeben, dass Studenten faule Arschlöcher sind...

...statt spontan in einer Obdachlosenküche auszuhelfen, eine Lichterkette gegen den Irakkrieg zu organisieren oder wenigstens das pottdreckige Treppenhaus zu fegen, sitzt der deutsche Vorzeigestudent Albtraumjaeger am PC und faselt drauflos. Weil es ihm inzwischen unmöglich scheint, selbst die kurzen Artikel bei Spiegel Online ganz zu lesen, weil er zwar gerne computerspielen würde, aber zu träge ist, Warcraft III wieder zu installieren und weil er vor allem anderen zu träge ist, den Platz am Bildschirm zu verlassen. So bleibt er sitzen und tippt Bandwurmsätze in die Logitech-Tastatur.

Die Vorhänge sind zugezogen, um die scheißhelle Sonne aus seinem Leben herauszuhalten, der angefangene neue Matt-Ruff-Roman lechzt auf dem Schreibtisch liegend nach Interesse. Aber englische Bücher zu lesen is immer so anstrengend. Lieber herumschwafeln, den kreativen Selbstmordversuch der letzten Wochen wegschreiben.

Das Schlimme an wissenschaftlichen Arbeiten ist, dass dabei nie wirklich lesbares herauskommt. Der Gegenstand ist meist sehr speziell, damit wird auch das zur Verfügung stehende Vokabular sehr dünn, es wiederholt sich zwangsweise immer häufiger. Die Jagt nach Synonymen ist so gut wie aussichtslos, da sie entweder nicht existieren oder das Gemeinte nicht exakt beschreiben. Die letzten Seiten meiner Diplomarbeit kommen mir vor wie eine Ansammlung von fertigen Versatzstücken, die lustlos aneinandergeklebt wurden. Als hätte ich einen vierseitigen Text geschrieben und müsste ihn auf 100 Seiten ausdehnen. Fast wie ein kabbalistisches Spiel, in dem alle Wörter eines Textes in allen möglichen Kombinationen aneinandergereiht werden, um einem vordergründig schlichten Text eine tiefere Wahrheit zu entlocken.

However. Ich wollte ja schwafeln, nicht philosophieren. Mein Medienmenü der letzten Monate bestand im Prinzip aus Spiegel Online, Netzeitung, Phoenix, N-TV und Pro7. Und wenn ich nicht gerade Emergency Room, Friends oder (manchmal) die Simpsons geguckt habe, gabs auf allen Kanälen nur Rumsfeld, Powell, Saddam, Fischer und den Papst. Und bei jedem Bericht, bei jeder Talkshow und jedem Interview habe ich mir vorgenommen, diese Typen, die einen Irakkrieg „nicht ausschließen“ bis „befürworten“ zu verstehen. Es muss ja schließlich gute Argumente geben, dass eine ganze Reihe nicht ganz unwichtiger Personen den „Waffengang“ verteidigt. Aber keine Chance. Ich hab nur dumme Scheiße von Ihnen gehört. DUMME SCHEIßE! Und wer stellt sich ihnen entgegen? Claudia Roth! Anscheinend haben inzwischen doch alle Parteien und alle Interessenverbände gemerkt, dass man zu der dummen Christiansen nicht unbedingt die letzten Honks schicken sollte. Und wen schicken die Grünen? Claudia Roth! Claudia „Das-Was-Sie-Sagen-Is-Aber-Irgendwie-Ungerecht“ Roth. Claudia „Ich-Hab-Irgendwie-Das-Gefühl-Auf-Der-Richtigen-Seite-Zu-Stehen“ Roth. Claudia „Wenn-Der-Weiter-So-Gemein-Is-Dann-Muss-Ich-Weinen“ Roth. Wenn man Claudia Roth gegen diesen arroganten Fatzke vom Aspen-Institut antreten lässt, ist das genauso lächerlich, wie Schreinemakers gegen Tyson boxen zu lassen. Aber egal. Ich werde demnächst mal einen sehr guten Essay zu diesem Thema schreiben.

Noch was? Nein. Aber es hilft. Eben bin ich aufgestanden, um mir einen Tee zu kochen. In spätestens 20 Minuten bin ich bereit um einkaufen zu gehen. Und morgen geh ich vielleicht mal für mehr als ´ne halbe Stunde aus dem Haus. Könnte passieren…