Der Fahrradsattel ist mit feinen Eiskristallen überzogen. Auf der Strasse glitzert es auch überall. Bremsen sollte also gut überlegt sein.

Ich rolle von der Einfahrt herunter - beide Beine ausgestreckt, bereit für eine morgendliche artistische Einlage. Gottseidank sähe mich keiner. Studentenheime sind morgens um 7:00 noch ein schlafendes Idyll. Ich fahre weiter stadteinwärts. Der Himmel wird schon heller und zeigt die Silhouette der Kirchtürme. Sieht so aus, als ob es ein schöner sonniger Tag würde. Trotzdem fiel es mir schwer, mich aus der Bettdecke zu schälen. Mittlerweile sind die Augen offen, aber die Nase läuft. Irgendein Vogel sitzt über mir im Baum und zwitschert, was das Zeug hält. Hat sich wohl in der Jahreszeit vertan.

Doch eine Sirene hinter mir reisst mich zurück in die Realität. Ein Rettungswagen überholt mich. "Ja, es ist glatt!", denke ich mir und es folgen die üblichen Assoziationsketten: wollte nur Zeitung reinholen - ausgerutscht - wahlweise auf Hand- oder Sprunggelenk gefallen/abgestützt - Knacken gehört und Schmerz gefühlt - Notruf - ins Krankenhaus - Röntgen: "Weber C/Radiusfraktur" ... . Ich denke weiter: "Wie sieht bei denen dieses Jahr wohl Weihnachten aus? Im Krankenhaus, oder kann man die Ärzte doch überreden, über die Feiertage nach Hause zu kommen? " "Wird der Skiurlaub im Januar gestrichen, oder fährt man aus Solidarität und mangels Reiserücktrittsversicherung doch mit und setzt sich auf die Hütte?". Ich fahre etwas langsamer. Sowas passiert eben nicht immer nur den anderen und mein Skiurlaub ist auch schon gebucht. Auf den letzten Metern überholt mich ein weiterer Notarztwagen. Bin heile angekommen. Erstmal Nase putzen und aufwärmen.