Umfrage für Herrn albtraumjaeger

Gleich heute morgen sah ich vor dem Haupteingang einen Klein-LKW eines Gärtnereibetriebes (erkennbar am zerhäckselten Holzzeug auf der Ladefläche) stehen. Hinter der Windschutzscheibe fiel mir eines dieser Schilder auf, das den Kampfnamen des Fahrers in Nummernschildoptik offenbarte. Der Name lautete "Pille" (Kuriositäten wie diese sorgen, wie ich bereits an anderer Stelle erwähnte, dafür, dass meine Gedanken beginnen loszurennen, um eine mögliche Hintergrundgeschichte zu ersinnen). Es gab naheliegende Möglichkeiten für einen solchen Namen.

"Pille" ist fanatischer Anhänger der ersten StarTrek-Staffel und ähnelt vielleicht dem Bordarzt (mit eben diesem Namen) äußerlich, im mürrischen Verhalten, oder beidem. Vielleicht hat er aber auch, als er mit seinen Kollegen (bewaffnet mit ein paar Flaschen Wacholderschnaps) unter den Holunderhecken lag, von seinen ungewollten Kindern oder gar von der Ungeplantheit seiner eigenen Existenz erzählt. Oder er ist ein kränklicher Mensch, der zu den unmöglichsten Tageszeiten seine Medikamente einnehmen muss. Dann bin ich auch schon durch die Tür und auf dem Weg zum Büro. Es ist kalt dort was daran liegt, dass man um dauerhaftes Lüften nicht drumherumkommt was wiederum daran liegt, dass es entsetzlich nach Hardcore-Reinigungsmitteln riecht. Letzteres beruht auf den Umständen, die eine Totalrenovierung des Büros notwendig gemacht hatten: Der Raum war ürsprünglich "Raum der Stille", geplant für die in der Nähe ansässigen Theologen, die ihre spirituell erleuchteten Nervenbahnen beruhigen, oder ein kurzes Kopfgespräch mit ihrem Schöpfer führen wollten. Irgendwann ist der Raum (den Aussagen meiner Mitarbeiter zufolge) von Moslems "in Beschlag genommen worden". angeblich soll der Raum nachher ganz schlimm abgestanden haben und sicherlich war da auch ein bisschen Politik im Spiel. Jedenfalls waren da wohl chemisch umgesetzte Teppichfliesen, die drohten, sich in einen Lungen vernichtenden, schleimigen Nebel zu verwandeln. Die mussten dann aufwendig und halt mittels nasenunfreundlicher Chemikalien entfernt werden. Ende des Liedes, warum es in meinem Büro zur Zeit recht kalt sein muss.

Ich habe mich dazu durchgerungen, aus praktischen Erwägungen wieder häufiger in die Mensa zu gehen. Heute gab es nichts dolles (in einem Bewertungsbereich, der sich generell unter der Kategorie "akzeptabel" befindet). Ich habe mir vorgenommen, mehr Fisch und Gemüse zu essen, um die in mir schlummernden Krebszellenkeime zu ärgern. Es gab aber nur Pute mit Reis (kein Reis und keine Nudeln in der Mensa essen, niemals!), vegetarische Nudelhülsen (fritiert, vermutlich mit Kartoffelschalen und Erbsen gefüllt) mit Mitleid erregenden Karotten und Brokkoli und Bäuerinnensuppe (der Name "Bauernsuppe" wäre zu verfänglich gewesen, denn dazu gab es eine dicke Wurst). Ich entschied mich für das verbleibende Übel und nahm das Eintopfgericht. Es ist das billigste Essen (weil es hauptsächlich aus einer mehr oder weniger gut durchdachten Kombination von Dingen besteht, die man in großen Büchsen beziehen kann. Der andere Teil besteht aus grob und lieblos zerkleinerten Kartoffel- und Möhrenstücken. Das ganze schwimmt in einer undurchsichtig gemachten Brühe, welche die Attraktivität des Gerichtes ungemein steigert, weil man nichts darin erkennt). Obwohl im Schauerkasten (für Uneingeweihte: Alle Gerichte werden vor der Eröffnung der Mensa in einem Glaskasten ausgestellt. Dieses Verfahren sichert neben dem nahe liegenden Zweck auch noch, dass gegen Ende der Öffnungszeiten sich immer weniger Leute für das Essen interessieren) eine Bockwurst ausgestellt war, gab es dann nachher so eine komische kasslerfleischartige Wurst mit dunklen Gewürzmalen, die durch die Pelle schimmerten. Ich habe alles brav aufgegessen (trotzdem regnet es jetzt).