Ich mag Sprache. Ich bastele daran herum, füge gelegentlich ein neues Wort hinzu und lasse andere weg. Andere Leute schrauben an Autos oder Computergehäusen herum, das sollen sie auch gern tun, meins ist eben die Sprache.

Und so, wie ein Sammler gusseiserner Topfuntersetzer sich fühlen muss, wenn er ein seltenes Stück von 1834 sieht, das von einer romantisch veranlagten Seele als Dekorationsobjekt für den Garten der Verrostung preisgegeben wurde, so ergeht es mir, wenn ich beispielsweise mit Abkürzungen konfrontiert werde.

Einige Abkürzungen sind schon okay. Genauso, wie Anglizismen wie okay fast schon nicht mehr als solche erkannt werden. Wenn man z.B etc. usw. verwendet, die gehen i.O., solange man es nicht mit ihnen übertreibt.

Meine eigentliche, uneingeschränkte Abneigung gilt dem Netzjargon. Abkürzungen sind dort nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Täglich oder minütlich kommen neue, vollkommen hirnverbrannte Buchstabenkombinationen hinzu. Auch von Anglizismen kann nicht mehr die Rede sein. Wenn sich mal ein Wort der eigenen Sprache zwischen die Chatzeilen und Forenbeiträge schiebt, dann durch dummen Zufall oder zufällige Dummheit oder irgendetwas dazwischen.

Smileys sind eigentlich keine schlechte Idee, fehlt bei der geschriebenen Sprache doch meistens eine winzige Metainformation oder ein Augenzwinkern, das so manches Missverständnis vermeiden hilft. Aber auch diese an sich sinnvolle Idee wurde von pubertierenden Wohlstandsopfern zu einer ätzenden Nervdisziplin verzerrt. Betrachtet man manche Kommunikationsoperation im Internet, scheint es, als ob die klassischen Satzzeichen gegen Manga-Emoticons ersetzt worden seien. Hinter jedem Satz steht ^^, was so viel bedeutet wie "Ich bin ein supergutgelaunter Typ, alles was ich sage, sage ich mit einem Lächeln". Das allein wäre ja keine Beschwerde wert, wäre das Verständnis dafür vorhanden, dass sinnentleertes Gesabbel auch mit dem Zusatz, dass es mit guter Laune assoziiert zu werden wünscht, letzten Endes sinnentleertes Gesabbel bleibt.

Pseudocoole Pickelfratzen waren es wohl auch, die das Leetspeak erfunden haben. Eine extrem einfallsreiche Sprachverstümmelungsmethode, bei der Buchstaben durch ähnlich aussehende Zahlen ersetzt werden. Personen, die sich im Internet durch derartig gestaltete Synonyme ausweisen, fallen durch einen signifikanten Mangel an Orthographie- und Grammatikkenntnissen auf.

Ein Ekel befällt mich aber, wenn ich der Kuschelfraktion begegne. Personen, denen sie schon einmal begegnet sind, werden beim nächsten Antreffen geknuddelt. Es wird überhaupt sehr viel geknuddelt und geliebt im Chat und von der therapeutischen Seite betrachtet ist es sicherlich sehr lobenswert, denn auch dicke hässliche Internetkinder sehnen sich nach Liebe und Anerkennung.

Die meisten Netzjargon-Formen sind auf Schreibfaulheit zurückzuführen. Kombiniert mit dem zwanghaften Bedürfnis, einer verschworenen Gemeinschaft anzugehören, die den effizienten Austausch von Phrasen beherrscht, hat sich diese Unart weit verbreitet. In ihrer endgültigen und von Stanislav Lem (Huldigung) angedachten, extremsten Ausprägung wird der Netzjargon vermutlich eines Tages in ein bloßes Austauschen von Zahlenwerten übergehen und seine Verwender werden verzückt feststellen, dass sie sich in ihrer Denk- und Funktionsweise einer Maschine angenähert haben.