Das Licht am Anfang des Tunnels
Dienstag, 20. März 2007
Das Licht am Anfang des Tunnels

Müdigkeit erfüllte sie. Manuela lag auf dem Teppich, Arme und Beine von sich gestreckt wie die Karikatur einer Leiche. Es war eine kaum anerkannte Art von Müdigkeit die nichts gemein hatte mit der Müdigkeit nach einem arbeitsamen Werktag, der Müdigkeit nach einem erfrischenden, langen Waldspaziergang oder jener Form, die einen im Fall einer Erkältung heimsucht. Sie hatte erst am späten Vormittag das Bett verlassen, danach nichts fleißiges begonnen und quälte sich schließlich mit dem Gedanken, dass ein ganzer Tag verlorenging ohne dass irgenetwas erwähnenswertes stattgefunden hatte. Als dieser Gedanke bis zur Unerträglichkeit ausgespielt war begann sie, ihre Regale auszuräumen und sie anschließend zu demontieren.

ja genau. es kommt noch mehr >>>

Anfangs hatte sie sich wie eine Schwerverletze vorangeschleppt. Doch während ihre Hände und ihr Verstand beschäftigt waren, wurde sie von Energie erfüllt. Etwas sinnvolles tun, etwas schaffen, vorankommen - erst einmal egal wohin.

Sie hätte auch ihre Schwester Anne oder einige ihrer Freunde anrufen können. Vielleicht hätten die Zeit gehabt und man hätte die Umzugsvorbereitungen mit einer Flasche Sekt und anderen Albernheiten zu einem lustigen Ereignis gestalten können. Aber Manuela entschied sich für ein besinnliches und ruhiges Werkeln frei von Ablenkung oder neugierigen Fragen nach ihren Zukunftsplänen. Der Zirkus wurde abgebaut, man erkannte nicht mehr, wer Clown, wer Zauberer und wer Akrobat war. Die bunten Fassaden wurden zusammengefaltet, die Abfälle weggeschafft. Mit dem einzigen Unterschied, dass noch keine neue Stadt auf dem Spielplan stand.

Nachdem sie eine Stunde lang geräumt, geschraubt und sortiert, kleine Tütchen für Schrauben gesucht und nicht gefunden hatte, ließ sie sich von einem Buch in ihrer Hand fesseln und versank in der darin enthaltenen Welt. Es war eine verworrene Geschichte, in der ständig unglaubliche Ereignisse eintraten, die im weiteren Verlauf ein erstaunliches Gesamtbild ergaben. Stellenweise wollte sie das Buch kopfschüttelnd zur Seite legen, konnte sich jedoch nicht dazu überwinden. Sie fragte sich in einer dieser Pausen, in der die Folge der Absurditäten sie fast zum Weiterarbeiten bewegte, woher sie das Buch bekommen hatte. Sie hätte gerne gewusst, ob es ein Geschenk gewesen war oder ob sie es auf den Rat irgendeines Kollegen oder Bekannten gekauft hatte. Jedenfalls musste sie es eine Weile vergessen haben und versuchte sich nun vorzustellen, wem ein solcher Literaturgeschmack zuzuordnen war.

Es klingelte an der Tür. Als Manuela mit einem eingeschlafenen Bein zur Haustür gehumpelt war und durch den Türspion sah, erschrak sie beinahe zu Tode: Das Flurlicht war nur auf der unteren Etage angegangen, die Person vor ihrer Tür wurde nur vom die Treppe heraufströmenden Licht erhellt. So erkannte sie nur schemenhaft eine runde, männliche Gestalt, die offenbar von Schlamm oder Schmutz verhüllt war, denn nur die Augen hoben sich als helle Punkte von einem unrgelmäßigen, dunklen Gesicht ab...

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bis auf den namen manuela alles sehr ansprechend. (muss da immer an manu denken, die blonde jura-studentin aus der ersten big-brother-staffel. hamburger sprodde. nett, hübsch, aber blöd.)

das zirkus-bild gefällt mir. vielleicht auch deshalb, weil ich gerade bradbury gelesen habe. das böse kommt auf leisen sohlen. großartig. vor allem die momente, in denen ich die vielen anspielungen in matt ruffs fool on the hill auf dieses buch gerafft habe.

aber zurück zu Ihren fingerübungen. könnte ich stundenlang lesen, sowas. keine figuren, die mir ihr grob zusammengezimmertes leben verkaufen wollen, sondern einfach nur bilder und stimmungen. wie ein gutes musikvideo. anspielungsreich, bunt, und nach vier minuten vorbei. gut.

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>bis auf den namen manuela alles sehr ansprechend. (muss da immer an manu denken, die blonde jura-studentin aus der ersten big-brother-staffel. hamburger sprodde. nett, hübsch, aber blöd.)

Dieser Effekt lässt sich nicht vermeiden. Wenn ich jemanden kennenlerne, der den Namen eines bekannten Menschen trägt, versuche ich häufig, gemeinsame Eigenschaften dieser beiden Personen zu entdecken. So als seien Namen gleich einer Artbezeichnung, die einem erste Hinweise auf Charakter und Gewohnheiten einer Person geben kann. Das ist nicht weiter ungewöhnlich, denn man versucht ja grundsätzlich, neue Informationen in das Geflecht der eigenen Erfahrungen einzubinden. Aussehen, Verhaltensweisen und eben auch der Name einer Person können - berechtigt oder nicht - über Sympathie und Abneigung entscheiden.
Einige Schriftsteller versuchen diesen Effekt zu umgehen, indem sie ihren Geschöpfen besonders seltene oder exotische Namen verleihen. Andere wollen absichtlich eine Verbindung zu bekannten Personen herstellen, um den Charakteren ihrer Geschichte eine künstliche Tiefe zu verleihen.
Meistens nimmt die Wirkung dieser scheinbaren Zusammenhänge ab, wenn man einen Menschen besser kennenlernt oder dem Verlauf einer Geschichte folgt und sich herausstellt, dass es so etwas wie Archaetypen nicht oder nur mit extremen Einschränkungen gibt.
Bei meinen oberflächlichen Fragmenten von Geschichten ergibt sich das natürlich nicht. Sie bieten freie Assoziationsmöglichkeiten. Aber das ist okay so, sie dienen ja keinem übergeordneten Zweck. Wie Sie schon richtig sagen sind das mehr zusammengewürfelte Eindrücke, die den Anschein einer tiefergehenden Bedeutung wecken sollen, eben wie ein Musikvideo. Und es freut mich, wenn es Ihnen gefällt. Und noch mehr, dass sie diesem Gefallen so regelmäßig Ausdruck verleihen.

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> Und noch mehr, dass sie diesem Gefallen so
> regelmäßig Ausdruck verleihen.

einer muss es ja tun :)

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