In meiner Stadt, in meinem Viertel, gibt es einen Laden, eine Art Imbiss, von dem muss ich Euch erzählen. Der Imbiss heißt "Schippse und Gemüse". In der hiesigen Obdachlosenzeitschrift hab ich letztens ein Interview mit einem der Besitzer gelesen. Der Laden gehört irgendwie mehreren Leuten, jedenfalls stehen da immer zwei oder drei Tpyen hinter der Theke. Auf die Frage, warum der Laden "Schipsse und Gemüse" heißt, antwortete dieser eine Besitzer Folgendes:

(...) "Ich steh total auf Pommes. Nicht diese dünnen Dinger von Mäckes oder Burgerking, sondern auf diese dicken, fettigen Fritten mit viel Mayo und 'n bisschen billigem Ketchup für den Geschmack. Außerdem mag ich Fisch. Egal welcher, Hauptsache, hat mal im Wasser gelebt. Darum sind Fisch und Chips mein Lieblingsessen. Interviewer: "Und warum jetzt der Name?" Besitzer: "Weil das'n Schuppen für Vegetarier ist. Kann ja schlecht "Fish and Chips" drüberschreiben."

Soviel also zum Namen. Selbstredend gibt es in dem Laden vor allem diese geilen, fetten Fritten. Und dazu in allen möglichen Variationen scharf angebratenes oder frittiertes Gemüse. Angeblich alles vom Ökobauern und so. Die Gerichte haben sehr schräge Namen. Das im Wok gebratene Möhren-Pliz-Curry mit Fritten heißt z.B. "Currywurst für Memmen". Die dicken Bohnen mit Fritten heißen "Pups-Paule" und das Gemüse-Schnitzel mit Pommes heißt "Falsches Schwein". Das Lieblingsessen dieses einen Besitzers gibt es auch. Es heißt "Chefsalat", ist aber gar kein Salat, sondern, richtig, Fish and Chips. Das ist das eins der zwei Gerichte in dem Laden, die nicht vegetarisch sind.

Der Imbiss hat nur drei Stehtische, die halb draußen stehen. Am rechten Rand der Ladentheke ist ein Platz für Fleischesser eingerichtet, über dem "Pranger" steht. Wer an diesem Platz steht, bekommt eine Currywurst. Während er sie isst, muss er Zitate von einer speziellen Currywurst-Serviette ablesen, mit denen er die anwesenden vegetarisch Essenden als Gutmenschen oder Pferdemädchen beschimpft. Zwei Beschimpfungen pro Currywurst sind Pflicht. ich habs schon erlebt, dass einer der Kunden deshalb gegangen ist.

Alle Gerichte im "Schippse und Gemüse" werden in altem Zeitungspapier gereicht. Dieses 'Zeitungspapier wird von den Besitzern anscheinend extra hergestellt, obwohl sie es nicht zugeben. Wenn man es nach dem Essen auseinanderwickelt, kann man zwischen den Fettflecken Gedichte oder Minigeschichten lesen. Ich freue mich immer, wenn ich einen "Vierzeiler des Tages" finde oder Geschichten der Rubrik "Dat wahre Leben". In dem Laden wird übrigens immer schräge Musik gespielt. Es gibt sogar einen Pop-Beauftragten. Er will allerdings anonym bleiben.