Poesiealben
Donnerstag, 5. Oktober 2006
Poesiealben

Die eine oder andere mag es vielleicht wissen, allen übrigen sei es hiermit gesagt: Ich bin umgezogen. Wohnhaft nun in Bremen-Vegesack. Herrliches Städtchen mit direkter Fährverbindung nach Helgoland, eigenem Busbahnhof und eigener Shopping-Mal und 'nem Marktkauf. Aber ich schweife ab => Während des Einräumens meiner Bücher fiel mir ein Poesiealbum in die Hände, das ich vor fast zwanzig Jahren geschenkt bekam und an viele Verwandte und Freunde reichte. Alle haben einen Beitrag geleistet. Und was soll ich sagen: Es ist tatsächlich eine schöne Erinnerung an all' die Menschen, die ja zum Teil schon nicht mehr leben. Besondere Wirkung entfaltete beim Blättern aber dieser allseits bekannte, etwas dämliche Spruch (den eine Gleichaltrige schrieb): "Wenn Du einst in vielen Jahren dieses Büchlein nimmst zur Hand, denke dran, wie froh wir waren, als wir Kinder uns genannt!" - Ja, glücklich war ich. Froh, ein Kind zu sein, war ich damals nicht. Vor allem aber stelle ich mal wieder fest, dass das mit dem Kindsein vorbei ist. Zum Glück ist das aber etwas anderes als 'Kindbleiben'... :-)

Es grüßt die Kinder in Männern und Frauen, Ka.

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Das Kind in mir grüßt zurück. Dingdong.

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ich habe diese dinger immer gehasst.
erstens: weil man sie fast ausschließlich von meedchen bekam und mit meedchen konnte ich zu grundschulzeiten nichts anfangen.
zweitens: weil man sich was kreatives ausdenken oder zumindest in diesen sprüchebüchern blättern musste, um es dann da reinzuschreiben.
drittens: weil man ordentlich schreiben musste.

mein erstes poesialbum bekam ich von daniela m. in der zweiten oder dritten klasse. da ich keins dieser sprüchebüchlein zum nachschlagen hatte, dachte ich mir selbst einen spruch aus. ich schaute vorher, was die anderen schon reingeschrieben hatten und verfasste im selben stil schließlich mein erstes selbstgeschriebenes gedicht:

die sonne scheint und du bist froh
ich wünsch, es bliebe immer so.

das schrieb ich dann da rein. das heißt, ich versuchte es. aber es gab keine vorgezeichneten linien und so wurden meine zeilen krumm und schief. und ich verschrieb mich. mehrmals. zur rettung meiner seite, versuchte ich mich im zeichnen einiger blumenschnörkelmuster und stellte zum wiederholten male fest, dass ich nicht zeichnen konnte. schon gar nicht mit dem füller. ich klappte das poesiealbum zu. als ich es nach einer stunde wieder öffnete, um zu schauen, ob mein eintrag wirklich so misslungen war, wie ich ihn in erinnerung hatte, bemerkte ich, dass die tinte meines füllers nicht vollstänbdig getrocknet war und somit die gegenüberliegende seite total verschmiert war. da mir diese poesiealbumgeschichte sehr peinlich war, sagte ich meinen eltern zunächst nicht davon. aber zurückgeben konnte ich es auch nicht. ich hatte es total versaut.

nach einer woche fragte mich daniela m. nach dem fortschritt meines eintrags. ich vertröstete sie, wiegelte ab. nach einer weiteren woche bestand sie recht hartnäckig auf die herausgabe des albums und drohte mir schläge an (sie war deutlich größer und stärker als ich). ich lief nach hause und beichtete alles meiner mutter. sie lächtelte und sagte, dass da bestimmt noch was zu retten sei. ich zeigte ihr meinen eintrag.

nachdem sie mich eine gefülte ewigkeit lang beschimpft hatte, fand sie eine recht pragmatische lösung: sie riss die seite mit meinem sturm-und-drang-zweizeiler einfach heraus. dann gab sie mir eine linienschablone, die sie unter die seite für meinen neuen eintrag schob. "das gedicht kannste reinschreiben", sagte sie, "das ist ganz okay. aber untersteh dich, was daneben zu malen." der zweizeiler sah so zwar etwas nackt aus, war aber gerade und ordentlich. leider sah man ziemlich deutlich, an welcher stelle meine mama die vollgeschmierte seite herausgerissen hatte.

die poesiealbumübergabe am nächsten tag ging überraschend problemlos vor sich. daniela m. blätterte bis zu meinem eintrag, legte beim anblick der herausgerissenen seite nur kurz die stirn in falten und lächelte dann. "danke", sagte sie, "schöner spruch". am nachmittag stellte ich mich vor den heimischen bücherschrank und durchforstete ihn nach poesiealbentauglichen gedichtbänden. aus einem mir nicht mehr vollständig einsichtigen grund landete ich bei einem buch von heinz erhard. und dort fand ich schließlich ein gedicht, das ich fortan in jedes poesiealbum hineinschrieb, das mir von einem meedchen untergeschoben wurde:

das leben kommt auf alle fälle
aus einer zelle.
doch manchmal endet's auch - bei strolchen -
in einer solchen.

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Das scheint ja ein gewisses Trauma für Sie zu sein?! Ich kann Ihnen versichern, jene Art von Alben, wie Sie sie beschreiben, fand ich auch doof. Da musste man doch auch all' diese Lieblings-XYZ-Dinge eintragen. Hatte glücklicherweise von Anfang nicht die Kreativität zum Selberdichten, sondern nutzte - wie Sie dann später - von Beginn an 'fremde Federn'.

Mein Poesiealbum haben nur wahrhaft nette Menschen, die mir (hoffentlich) zugetan waren, in die Finger bekommen! Insofern gibt es auch nur einige wenige Kindereinträge...

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> Ich kann Ihnen versichern, jene Art von Alben, wie Sie sie
> beschreiben, fand ich auch doof.

nee, nee, meine nicht diese dinger. die waren ja zumindest recht schnell zu handeln. ich meine diese alben, in denen nichts vorgemalt war, keine vorformulierten fragen, nichts zum ankreuzen etc. richtige poesiealben, in die meedchen gerne auch mal glanzbilder zur dekoration reinklebten. die gingen bei uns in der grundschule ne zeitlang rum. ganz schlimm.

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dann weiß ich ja schon, was horst legolars bis zu seinem 14 geburtstag jedes jahr von mir bekommt. mit millimeterpapier.

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Das erinnert mich an meinen ersten Eintrag in ein Poesiealbum, einem von denen mit vorgedruckten Abfragen. Ich hatte mich so darüber gefreut, da hineinschreiben zu dürfen, dass ich etwas ganz besonderes daraus machen wollte. Was ich an Stempeln, Stiften und sonstigem Gedöns fand, wurde zur großzügigen Dekoration auf den zwei Seiten verwendet. Die Reaktion bei der Rückgabe des Buches war dann sehr ernüchternd: Marco, der Besitzer des Buches, sah mich etwas verstört und sogar ein bisschen angewidert an. Die großzügige Ornamentierung meines Eintrages schien gegen sein früh erwachtes Ordnungsempfinden zu verstoßen...

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Auch ich hatte mal so ein Poesiealbum. Meine Uroma hatte mir damals einen weisen Spruch hineingeschrieben und da sie kurze Zeit später verstarb, war es mir ein bisschen heilig. Ich weiß noch genau, wie ich es Malte B. damals in der Schule gab um mir einen Spruch hineinschreiben zu lassen und es nie wieder bekam. Auch Monate später behauptete er hartnäckig es nicht mehr zu haben ... und irgendwann war ich mir selber nicht mehr so sicher, wo und wer es zuletzt gehabt hatte und fand es wohl einfacher es als irgendwie verschollen zu betrachten, zumal Malte B. ja ein guter Freund war.

@Albi: Ich meine in deinem ersten Albtraum-Poesiealbum hatte daniela m. sogar auf der ersten Seite einen Spruch der Art "...und reißt du mir ein Seitchen raus, dann ist es mit der Freunschaft aus" hinterlassen. Was die Tat meiner Mutter um noch einiges pragmatischer und die Poesiealbumbesitzerin um einiges spießiger erscheinen lässt.

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stimmt, den teil mit dem spruch hatte ich vergessen (warum erinnerst du dich an sowas???).

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