Ihr glaubt, ihr habt die Welt gesehen? Metropolen, weite Strände, Gipfel, Wüsten und Wälder? Erfahrungen gemacht vielerorts? Habt alles aufgesogen in euch? Ein Puzzelteil wird euch fehlen: Bünde, 23 Uhr, Bahnhofskneipe. Das Präkariat – das was es nicht gibt - gibt sich die Ehre. Dröhnende Schlagermusik vom Kassettenspieler, Wacholder, Korn und Bier bieten die Grundlage allen Seins. Umrahmt von Bildern aus alter Zeit, Dampflokomotiven schauen herab auf Menschen, die wenig haben. Im Portmonee, im Kopf, im Leben. Wer hier einen Tee bestellt macht sich verdächtig, Kaffee, nein? (Cola?) Ok, dann ein kleines Bier. Irgendjemand schreit nach Joe Cocker, vorspulen, nein, noch eins weiter, das andere Lied, das mit der Liebe. Hat Cocker schon mal nicht über Liebe gesungen? Ob ich auch einen will? Korn, äh, nein danke. Zögern. Geht aufs Haus! Na gut, dann...Prost! Korn schmeckt nach allem, nur nicht nach weiter Welt. Hier treffen sich alle, die – wenn sie nicht nur auf einen Zug warten – nichts mehr erwarten. Nichts, außer einen Lovesong von Joe Cocker. Ihr Mann hat sie sitzen lassen, mit dem Haus und den Kindern. Ist irgendwo hin gegangen, nach Duisburg oder ins Rheinland. Hat ne Neue, die jünger ist. Gut, die Kinder sind aus dem Gröbsten raus, Mark hat bald vielleicht nen Job. Vielleicht mal für länger. Beim letzten Mal ist er irgendwann nicht mehr hingegangen, die haben in eh nicht bezahlt. Die Frau vom Amt hat gesagt, er soll das als Chance sehen, weg von den alten Freunden, weg von den Drogen. Wenn es einen Aufschwung geben sollte – hier ist er noch nicht angekommen. Das Wort kann hier niemand buchstabieren, zumindest nicht, ohne dabei mit Schmerzen ans eigene Dasein zu denken. Die Tschechen, die müssen se morgen weghauen. Klose ist gesperrt. Egal, weghauen, müssen se die. Wir sind Vize-Weltmeister, da darf man sich inne Tschechei nicht blamieren. Mein Zug kommt, in 30 Minuten. Ich lege Geld auf den Tisch und gehe hinaus in den Regen.