War eben mit ungefähr 500 anderen Menschen im Postamt, weil ich gestern einen Zettel mit der Bitte um Abholung eines Einschreibens im Kasten hatte. Die anderen Menschen wollten die 3 netten Mitarbeiter nicht lange aufhalten, sondern nur mal schnell einen kleinen Kredit beantragen, einen Mobilfunkvertrag abschließen oder Modeschmuck zurück nach Singapur schicken. Zum Glück gibt es bei der Post diese tollen „Diskretion – Bitte hier warten“-Schilder, an die sich bestimmt auch die Schallwellen gern halten würden. Nach gefühlten 4 Stunden und um Jahre gealtert war ich endlich an der Reihe. Also Zettel und Reisepass über die Theke geschoben, verbunden mit der flapsigen Bemerkung „Bei mir geht’s ganz fix, wollte nur was abholen!“ „Gern,“ kam die prompte Antwort und weg war der Onkel.

Minutenlang stand ich am Schalter, hätte nach dem Durchlesen sämtlicher Infoblätter mittlerweile selbst in beratender Funktion tätig werden können. Also schweiften meine Gedanken ab und ich erinnerte mich an mein letztes „Dieses Einschreiben können sie nur unter Vorlage ihres Personalausweises – Keine telefonische Auskunft – Datenschutz wird bei uns GROSS geschrieben“-Erlebnis. Vor einigen Wochen stand ich dort in der Post und der Service-Mitarbeiter kam nach wenigen Sekunden mit einem versiegelten Umschlag aus dem Außenministerium zurück. Fröhlich pfeifend und mit einer Löwenbändiger-Stimme brüllte er – gut hörbar für das versammelte Warteschlangen-Publikum: SOSO, AUSSENMINISTERIUM, SIE SIND WOHL INNE POLITIK, NE! Großes Getuschel im Wartebereich. Wahrscheinlich darüber, wie ein schlecht-rasierter Typ in Motorradklamotten mit dem Außenminister Dosenstechen trainiert.

Weitere 5 Minuten später kam mein bereuender Postmann strahlend zurück, die Meisterschaftsausgabe des 11-Freunde Heftes in der Hand, nach Café und Zigaretten riechend und verabschiedete mich mit den Worten: „Stuttgart, ne, aber Hauptsache Arminia is nich abgestiegen, ne.“ Die Zellophan-Hülle war geöffnet und ich verließ unter dem Getuschel der Wartenden das Gebäude.