Wichtig scheint in meinen Augen, dass sie mehrdimensional an sich und ihrem Körper arbeiten.

Erst einmal sollten sie lernen, mit einem Tropf zu fahren. Sie wissen schon, dass sind die Dinger aus dem Krankenhaus, die dort über die Gänge geschubst werden. Das Gestänge ist am Anfang etwas unhandlich und sie haben nur eine Hand zum Steuern frei, aber nur so ist eine lückenlose Eigenblutversorgung auch während schneller Abfahrten möglich.

Ein gewisser Herr Riis hat mal die Tour de France gewonnen, weil er mit Epo voll war bis unter die Achseln. Mittlerweile ist das zwar nicht mehr so en vogue, aber stören sich sie nicht am Geschwätz der Leute. Ballern sie sich mindestens das Doppelte der von ihrem Teamarzt empfohlenen Höchstdosis. Oder besser gleich das Fünffache, denn immer dran denken: Die Kollegen schlafen auch nicht!

Dann sollten sie auf jeden Fall was für ihren Muskelaufbau tun. Trainieren? Ja, auch, aber ohne anabole Steroide geht da gar nix. Lassen sie ihrer Fantasie freien Lauf. Sprechen sie mal mit den Türstehern der nächstgelegenen Diskothek, was bei denen gerade angesagt ist. Nehmen sie Kontakt zum örtlichen Schwimmverein auf - mit Anabolika kennt sich dort jeder aus. Oder gehen sie mal wieder ins Fitness-Studio und plauschen ein wenig mit den „Trainern“ und den Kleiderschränken an den großen Maschinen. Keine Hemmungen, die Jungs werden schnell wissen, was sie brauchen.

Nebenbei sollten sie auf jeden Fall ein Praktikum in einer Klinik machen und lernen sich intravenöse, intramuskuläre, subkutane Nadeln, Kanülen und Spritzen aller Art zu ballern. Das ist eine Investition in eine sorgenfreie Zukunft.

Total im Trend liegen zurzeit Produkte aus fernost. Lassen sie sich nicht irritieren, wenn sie die Beschriftung nicht lesen können. Die Leute in China sind schon fleißig für Olympia am Üben, ich sage ihnen, da geht so einiges. Und außerdem: je ausgefallener und neuer die Produkte sind, desto geringer die Chance, dass ihre Kollegen sie schon kennen: ein vielleicht entscheidender Wettbewerbsvorteil!

Testosteronsalbe war ihr Stichwort. Die Antwort: Zuviel geht nicht. Versuchen sie auch hier, den Prozess der Behandlung ganz normal in ihren Alltag zu integrieren. Nach dem Duschen keine Feuchtigkeitslotion, sondern die Salbe mit Pfiff. Wer wird ihnen nach anstrengendem ein Sonnenbad am Strand verwehren wollen? Sie haben helle Haut, müssen sich eincremen? Was ist in der Sonnenmilchtube – richtig: Die Salbe mit Pfiff.

Ein wenig Stress kann es bei der Beschaffung schon einmal geben. Für einige der Mittel werden sie eine Stange Geld über den Tisch schieben müssen. Sprechen sie doch mal mit ihrem Teamchef, der weiß vielleicht Rat. Ihr Teamarzt auch. Mit den Kollegen nur über die Sachen sprechen, die es im Teamhotel zum Frühstück gibt. Sie sollten ein paar Geheimnisse für sich behalten.

Ein paar generelle Hinweise noch zur Informationspolitik: Früher waren die Journalisten von ARD und ZDF unsere Freunde. Wir haben zusammengearbeitet, in allen Bereichen. Wir sind schnell Fahrradgefahren und haben die Pokale abgeräumt, anschließend bei ihnen zuerst was in die Mikros gehechelt und sie haben keine unangenehmen Fragen gestellt und tolle Filme über unsere Familien beim Strandurlaub gezeigt. Bei den strengen Kontrollettis in den Hotellogen war so manches Exklusiv-Interview auf dem Zimmer am Abend der absolute Rettungsanker, um noch frischen Stoff zu bekommen.

Heute sieht das alle ein wenig anders aus. Man muss aufpassen, mit wem man so quatsch. Die Zeiten, wo Hagen Bossdorf und Herbert Watterott uns noch selbst die Testosterondosis ums Gebinsel einmassiert haben, sind leider vorbei. Herbert schreibt wahrscheinlich den embedded Report über Linus und Hagen will wieder bei der Stasi anfangen oder so. Gut, die Jungs von Eurosport sind immer noch absolut merkbefreit. Und Sat1 auch, is klar. Die wollen nur davon ablenken, dass selbst der Bumskanal RTL2 jetzt mehr Nachrichten bringt als sie selbst. Noch mal zum Mitschreiben: Die ehemaligen Kumpels von den Öffis machen nun auf politisch korrekt, investigativ und so. Davon dürfen sie sich auf keinen Fall irritieren lassen, da vergeht auch wieder.

Sollten sie irgendwann mal zufällig von einem Kontrolletti aufgesucht werden, greift die alte „mein Name ist Hase“ Taktik. Sie wissen von nichts. Also gar nix. Ihr Name: Totale Amnesie. Auf keinen Fall einer Kontrolle irgendwelcher Körperflüssigkeiten zustimmen. Da könnte ja jeder kommen. Erstmal bei Bushido anrufen, der soll seiner Learjet mit den Jungs vorbeischicken, die regeln das schon.

Für den Fall, dass doch mal was daneben geht: Immer locker bleiben und sich kreative Sachen ausdenken. Zahnpasta und Co. sind schon belegt, also lieber erstmal gar nichts sagen: Totale Amnesie! Leugnen, Leugnen, Leugnen! Wenn alle Stricke reißen, hauen sie sich selbst einen auf die Nase und sagen, dass sie von Lance Armstrong entführt wurden und in einem Kellerverlies mit Salben und übel riechenden Tinkturen aller Art gequält worden sind, das glaubt ihnen jeder.