Ich laufe auf einen Bahnübergang zu. Dahinter der Park. Blick links, rechts: 100 Meter entfernt kommt die Straßenbahn auf mich zu. „Das schaffe ich locker", denke ich, überquere die Gleise.

Direkt vor mir, auf der anderen Seite: Mann auf Fahrrad mit zwei kleinen Hunden neben sich. Ein Hund sieht mich die Gleise passieren, rennt mir auf der Mitte entgegen. Ich schüttele ihn ab, laufe an ihm vorbei, stehe auf der anderen Seite. Der Hund blickt mir hinterher, dann nach vorne, bleibt mitten auf den Gleisen stehen. Er bellt, wartet. Der Mann klemmt mit seinem Fahrrad in der Wegsperre fest, ruft: „Komm zurück!“ Der zweite Hund bellt. Die Bahn kommt näher. Der Mann schreit: „Komm zurück!“. Auch ich schreie jetzt: „Weg!“ Der Hund schaut zum Mann, zu mir, zur anderen Seite. Die Bahn ist da, rattert vorbei. Der Hund schlüpft in letzter Sekunde unter dem Gitter her.

Der Mann blafft mich an. Ich keuche: „Entschuldigung". Mein Kopf ist leer, ich laufe einfach weiter. Ich fühle mich mies. Fasst wäre der Hund überfahren worden. Minutenlang werde ich den Gedanken nicht los: Wäre ich bloß nicht losgelaufen.

Erst am Abend bin ich mir im Klaren, was ich falsch gemacht habe. Ich hätte anhalten müssen. Hätte den Typen zur Rede stellen müssen. Warum seine Köter nicht an der Leine sind. Warum er seine Hunde ausgerechnet auf dem Fahrrad begleitet, so dass er im Notfall nicht schnell eingreifen kann. Ob es eigentlich bequem ist, durch die Gegend zu stolpern und andere für den eigenen Scheiß verantwortlich zu machen. Einfach mal jemanden anblaffen, weil es so bequem ist.

Es war ein Fehler, dass ich ihm das nicht gesagt habe.