Überall auf den Antville-Seiten Kommentare zum Kriegsbeginn. Sie sind so wie diejenigen, die ich bisher auf Euphorika geschrieben habe. Zynisch. Ironisch. Wir versuchen, unsere Ohnmacht, unsere Wut, unser Scheitern kreativ zu bewältigen.

Aber meine Wut braucht ein anderes Ventil als die Ironie. Ich kann mich nicht damit abfinden, dass dieser Krieg geführt wird. Denn es ist NICHT nur die sog. Bush-Administration, die diesen Krieg gegen den Irak führt. Es sind all jene, die diesem Krieg wie einem unvermeidlichen Übel zustimmen oder ihn sogar bejubeln. Irgendwo im Mittleren Westen der USA fühlt sich ein dicker 40-Jähriger bedroht von Saddam Hussein und klatscht den Raketen Beifall. Während der New Yorker Stadtrat sich gegen einen Krieg ausspricht und auch die Mehrheit der New Yorker Bevölkerung gegen einen Krieg ohne UN-Mandat ist, sitzt irgendein Sam oder irgendeine Mary zehntausend Kilometer von Bagdad entfernt und fühlt sich bedroht. Und Politiker aus allen Teilen der Welt geben ihnen Recht darin.

Sie heißen Pflüger, Blair, Schäuble, Aznar, Berlusconi oder Merkel. Sie nennen sich Coalition of the willing und haben sich gegen einen großen Feind verbündet: Die Vernunft. Sie haben ein Lügengebäude errichtet oder sich ihm untergeordnet, dass schon tausendmal als solches enttarnt wurde. Und trotzdem immer weiter besteht. Sie machen sich nicht einmal mehr die Mühe, rational zu argumentieren. Sie dreschen nur noch Phrasen zwischen Emotionalität und hohlem Pathos. Ihre Argumente sind falsch oder unlogisch, teilweise geschichtslos.

Es werden Beweise für Verbindungen zwischen Saddam und Al-Quaida gefälscht aufgrund derer die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung glaubt, die Verbindung von Saddam zu den Attentätern des 11. September sei bewiesen! Zu einem Zeitpunkt, an dem der Irak noch ungefähr so gefährlich für die Welt ist wie Bangladesh, spricht Bush von einer nicht hinzunehmenden Bedrohung für das amerikanische Volk. Um es ganz klar zu sagen: Zu einer derartigen Desinformation gehören zwei: Ein Lügner und Leute, die ihm glauben.

Wenn Sam und Mary die Argumente ihres Präsidenten glauben, sind sie genauso schuldig wie ihr Präsident. Jeder, der jetzt in irgendeiner Sportkneipe sitzt und bei jedem Raketenabschuss zustimmend mit dem Kopf nickt, ist schuldig. Sie haben alle genug Geld und genug Zeit, sich unabhängig und vollständig zu informieren. Sie haben einen Kopf zum Denken und leben in einem Staat, in dem sie ihre freie Meinung sagen können. Sie gehören zu einem kleinen Kreis Privilegierter, die in den Genuss menschlicher Freiheitsrechte und materiellen Wohlstands kommen. Es gibt nichts, womit sie ihre Fehleinschätzung rechtfertigen können.