Stichwort: Embedded Reports
im bruch

noch liegt die kühle luft der nacht auf den wiesen und dem weg den wir auf unseren rädern entlang fliegen dem ersten schimmer des morgens entgegen

manchmal peitscht das hohe gras am wegrand unsere glieder streift die pollen und den tau auf unsere schuhe

entfernt das rauschen der autobahn voller versprechen und aufbrüche in den heißen tag und viele kalte die folgen

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Hiesiges Kennzeichen

Eigentlich ist nichts passiert. Aber Du kennst mich, Du weißt, was ein „Eigentlich“ bedeutet. Dass es alles bedeutet außer: Nichts. Ich kann Dich förmlich sehen, wie Du mit den Augen rollst. Denkst: Komm zum Punkt. Aber dieses Mal irrst Du Dich. Denn „Eigentlich nichts“ bezeichnet in diesem Fall das Eichhörnchen (das rein von der Größe her einem „Nichts“ bedeutend näher kommt als unendlich viele, nachweislich größere Dinge. Wie: ein Mann, ein Flugzeugträger, ein Meteor, eine Supernova, ein Schwein, ein Taliban). Das Eichhörnchen, das nicht da war.

Dabei war es sonst immer da, zumindest, wenn ich eine zeitlang am Fenster saß und Ausschau hielt. Nicht aber an diesem Tag und auch nicht an den folgenden, so dass seine Nichtanwesenheit eine zunehmende Irritation meines Tagesablaufs bedeutete. Ich muss das vielleicht klarstellen: Wir reden von einem Lebewesen mit festen Gewohnheiten und einem klar begrenzten Lebensraum. Ich habe mich nach Ausbleiben des Eichhörnchens ein bisschen eingelesen. Eichhörnchen tun so etwas eigentlich nicht: Ausbleiben. Wenn sie nicht gerade Winterruhe halten, sind sie da. Bzw. wenn sie nicht da sind und auch keine Winterruhe halten, sind sie nur kurz mal weg. Futtersuche. Partnersuche. Aber es war bereits Dezember. Nicht die Zeit für Partnersuche. Und die Futtersuche war meinen Beobachtungen nach weitgehend abgeschlossen. Die Futterverstecke mussten seit Langem gut gefüllt mit Nüssen und Samen sein, und der Kobel oben in der großen, zerfledderten Fichte voll mit Blättern und weichem Moos. Jetzt war nicht mehr viel zu holen. Deine Augen: Sie rollen schon wieder. Aber genau das war passiert, völlig gegen alle Gewohnheiten. Statt dem Eichhörnchen, das ich jeden Tag durchs Fenster beobachten konnte, war da: Nichts. Und ich starrte noch ein wenig und war dann ebenfalls kurz mal weg. Partnersuche. Futtersuche. Doch es war bereits Dezember. Nicht die Zeit also. Hätte man wissen können.

Als ich nach einigen kurzen, grauen Tagen wieder zurück kam, sah ich das Eichhörnchen unter einem Auto liegen, direkt vor dem Haus. Sein Zustand war noch erbärmlicher, als der des Autos, unter dem es lag. Wir reden nicht von einem einfach nur etwas ungepflegten oder älteren Modell. Sondern einer regelrechten Ruine von einem Auto. Ein dunkelgrauer Golf, hiesiges Kennzeichen, mit Beulen und Lackschäden an allen Seiten. Ein Reifen war platt, die Heckscheibe hatte einen Sprung und die TÜV-Plakette war seit neun Monaten abgelaufen. Ja, ich habe mir die TÜV-Plakette angeschaut, auch auf die Gefahr hin, dass Du mich einen Tüvplakettenableser nennst. Es interessierte mich einfach. Im Inneren des Autos lagen Stapel von Papier herum, zum Teil sauber in Folie gepackt wie zur Auslieferung, zum Teil völlig durcheinander. Daneben Kaffeebecher, Süßigkeitenverpackungen, leere Tabletten- und Zigarettenschachteln. Mir war der Wagen vorher nie aufgefallen, obwohl er direkt vor meiner Haustür, auf der anderen Straßenseite am Bürgersteig geparkt stand. Aber Du kennst die Gegend, hier parken viele Autos, auch viele alte. Und da ich selbst keins besitze, kümmere ich mich auch wenig um die anderen. Tatsächlich musste der Wagen schon längere Zeit hier parken. An den Scheibenwischern hatte sich totes Laub festgesetzt.

Der Kadaver des Eichhörnchens lag vor dem linken Hinterrad, die Hinterläufe unter dem Reifen (dem platten Reifen) eingeklemmt. Was die Dezemberkälte gnädig an Verwesung verzögert hatte, schienen vertretungsweise Hunde oder Katzen erledigt zu haben. Was sollte ich tun? Meine Nachbarin, die ein Stockwerk unter mir wohnt, kam mit dem Fahrrad vorbei. Ob ich mich für die Verrückte interessiere, rief sie mir im Vorbeifahren zu, dann stieg sie ab und schob zurück. Die Verrückte? Ja, der das Auto gehört. Ob ich sie denn nie sehe, wenn sie nachts manchmal um ihr Auto herumschleicht. Nein, sagte ich, ich habe mein Fenster nach Hinten, zu der Fichte im Garten. Ja dann, sagte sie. Die Frau habe mal schräg gegenüber im Copyshop gearbeitet, aber jetzt nicht mehr. Hat noch den ganzen Kram aus dem Laden im Auto. Irgendein Zerwürfnis. Sie komme manchmal nachts her, gehe um den Wagen herum, setze sich manchmal auch hinein. Seit Monaten ginge das schon so. Ich zeigte auf das Tier. Es sieht so aus, sagte ich, als seien die hinteren Beine eingeklemmt. Wie kann das sein, wenn der Wagen nicht bewegt wurde? Ja seltsam sagte die Nachbarin. Sie schob ihr Fahrrad durch das Gartentor und kam mit einer Schaufel und einem Plastikeimer zurück.

Abends brachte ich mein Bettzeug ins Wohnzimmer, das zur Straße hin geht. Das Sofa war nicht besonders bequem, aber ich wollte wenigstens ein paar Stunden aushalten und schauen, ob am Auto etwas passiert. Doch sie kam nicht zurück. Nach zwei Wochen fuhr früh morgens ein Abschleppwagen vor und lud den Golf auf die Ladefläche.

Das Sofa habe ich übrigens zum Speermüll gebracht. Seitdem steht mein Bett direkt am Wohnzimmerfenster, so dass ich nachts, wenn ich nicht schlafen kann, auf die Straße schaue. Jetzt, wo morgens niemand mehr den langen, dünnen Ast vor meinem Fenster entlangläuft, um mir beim Aufwachen zuzuschauen, finde ich nichts mehr am Blick nach hinten. Ich weiß, dass Du es mochtest, morgens im Bett fast wie in einer Baumkrone aufzuwachen. Aber die Straße ist eigentlich besser. Ja, ich weiß.

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Eichhörnchenhaftigkeitserwägungen

Seit einigen Jahren begleiten mich die Eichhörnchen am Fenster. Zu meiner Überraschung sah ich sie fast zeitgleich an verschiedenen Orten, sowohl zuhause, als auch, viele Kilometer entfernt, an meinem Arbeitsplatz. Sie flitzen auf den Bäumen am Fenster herum, immer beschäftigt mit ihrem Eichhörnchenalltagskram, der zu einem Gutteil daraus zu bestehen scheint, auf Bäumen herumzuflitzen. Still sitzen scheint ihnen nicht besonders zu liegen.

Ich habe einige Male darüber nachgedacht, seit wann und warum sie mir erstmals aufgefallen sind. Ein Grund ist wahrscheinlich, dass ich einfach häufiger aus dem Fenster schaue. Weil mich das, was draußen geschieht, häufig mehr interessiert, als das, was auf meinem Schreitisch passiert. Wie den Eichhörnchen draußen scheint auch mir das stille Sitzen (in meinem Fall an Schreibtischen) nicht besonders zu liegen. Doch im Gegensatz zu ihnen begnüge ich mich damit, meinen Blick aus dem Fenster schweifen zu lassen*.

Natürlich ist das alles bloße Innenperspektive. So bescheinigten mir andere Menschen wiederholt, mein Leben wirke von außen betrachtet weder sonderlich schreibtischfixiert noch aus-dem-fenster-starr-würdig. Vielmehr sei meine Existenz eichhörnchenhafter, als mir selbst das klar und vielleicht lieb sei. Ich und meinesgleichen (Familie, Freunde, Kollegen) seien in gewisser Weise sogar Inbegriff menschlicher Eichhörnchenhaftigkeit.

Mich tröstet das. Eichhörnchensein ist nicht so schlecht. Sieht nach einem erfüllten Leben aus. Zeugt es nicht sogar von besonderer Haltung und Anmut, in großer Fallhöhe über dünne, wackelige Äste zu flitzen? Okay, alles nur für ein paar Nüsse, Material für den Nestbau und das Überleben der Familie. Aber hey, man könnte genauso gut mit gebrochener Pfote in einem Gullydeckel stecken, während der betrunkene Typ mit dem Laubsauger immer näher kommt.

Es ist nur so, dass mir bisher niemand garantierten konnte, dass sich ein Eichhörnchenleben aus der Innenperspektive nicht ähnlich optimierungsbedürftig anfühlen kann, wie das des Menschen auf der anderen Seite des Arbeitszimmerfensters. Überdruss und Serotoninspiegelschwankungen wird es bestimmt auch bei Eichhörnchen geben, trotz akademischer Ausbildung und Klavierunterricht in der Kindheit. Könnte also durchaus sein, dass ich, während ich auf den Bäumen herumflitze, ein paar Vögel am Himmel sehe und denke: Das wär mal was. Die sehen zufrieden aus, während sie da so herumflattern.

*statt meinen Schweif… aber lassen wir das.

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Jetlag: eine Hommage

Fuck you!

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Eismaschine

Die Wintersonne scheint auf die blank geputzte Arbeitsfläche in der Küche, das große Buffet ist bereits abgebaut. Alle haben geholfen. Ihre Stimmen höre ich im Wohnzimmer. Drei oder vier parallele Gespräche über die Familie, die Arbeit, die Pläne. Auf der Arbeitsfläche steht ein funkelndes Gerät, von dem sie mir bereits erzählt haben. Die Eismaschine. Ich schaue hinein und entdecke einen Knethaken, der kontinuierlich eine gelblich-weiße Masse rührt.

Das Eis wird perfekt sein, genau wie das Frühstücksbuffet zuvor. Die gefüllten Eier mit Sardellen und falschem Kaviar, die Pastete, die große Käseplatte, die drei Sorten Tee, die vegane Linsensuppe. Genau wie die drei Torten, die im Kühlschrank auf uns warten. Es wird so perfekt sein, wie sich unsere Gastgeber wohl auch ihr Leben ausgemalt haben in diesem Haus, 20 Kilometer vor der Stadt. Perfekt, oder wenigstens: Zufriedenstellend.

Nur, dass sie sich nicht mehr lieben. Er hatte vorgestern einen Zusammenbruch, heulte, schrie. Sie weint seit einer Woche am Telefon. Weil ein Carport, eine Trockenmauer, ein Dampfgarer und eine Eismaschine, weil Blumen zum Valentinstag und der Ball des Sports keine Basis sind, wenn seine Erlebnisse und Erzählungen abgeschmackt sind und ihre Sätze nur ewige Variationen von "Nimm mich und meine Leistungen ernst!"

Keine Absage. Mit den Vorbereitungen gestern haben Sie sich abgelenkt. Darum dreht sich jetzt dieses Vanilleeis in einer 500 Euro teueren Maschine und darum wird am Mittwoch das Carport aufgebaut. Als wenn irgendwer noch Hunger hätte.

Sie haben sich bisher noch geschont, glauben sie. Aber ihre Lippen sind gesprungen vom vielen Draufbeißen und beide ziehen vielsagend die Augenbrauen hoch, wenn der andere eine seiner alten Geschichten beginnt. Senken den Kopf, weil sie sich füreinander schämen. Stehen alle paar Minuten auf, um etwas aus der Küche zu holen. Einen Feigensenf, selbst gemachte Pralinen, eine Tasse russischen Karawanentee. Um dann im Licht der Wintersonne minutenlang auf die Zeitanzeige der Eismaschine zu starren, die wie ein Countdown die Sekunden herunterzählt. Bis diese seltsame Balance erreicht ist aus Eiseskälte und Geschmeidigkeit, wegen der die Maschine so einhellig gelobt wird.

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hier mal ein kurzes fazit zu zuletzt

  1. schachliveticker rocken. turmendspiele sind 3 mal geiler als wie damengambit was aber immer noch besser ist als wie eine spanische eröffnung.
  2. kurzgeschichten von alice munro sind echt stark, ich meine: knorke. ergo: eine wucht.
  3. ich kann jetzt veganen apfelkuchen und vegane rosinenbrötchen. zum kaffee brauche ich trotzdem schweineblut stierhoden milch.
  4. der beste dortmunder tatort ist der aus dortmund. meine meinung.
  5. wenn ich mal keinen job mehr habe, besorge ich mir einen 3D-printer und drucke stolpersteine für liliputaner.
  6. die besten gedanken hat man immer noch beim denken.
  7. wenn ich in einer hindenburg-straße wohnen müsste, würde ich zumindest einmal wöchentlich an das straßenschild kacken.

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dies is eine ernst gemeinte terror-warnung:

am 5.5.2055 werde ich das empire-state-building in die luft sprengen.

echt jetzt. wirklich war.

تعليمات التثبيت قنبلة #قاتلة خطيرة#

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Princisia Vanwaerebeki

Hatte gestern Abend eine Madagaskar-Riesenfauchschabe in der Hand. Das war nen ganz schön dickes Biest. Gefaucht hat sie nicht, wahrscheinlich hat sie sich zu wohl gefühlt in meinen zarten Maurerhänden.

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Brauchtum

Gerade im Supermarkt nen Schnaps getrunken. An der Kasse bekam der Kunde vor mir 11,11 Euro zurück. Die Kassiererin hatte wohl nur drauf gewartet und zog freudestrahlend nen paar Killepitsch-Fläschen aus der Tasche. Habe ohne Erfolg versucht, mich zu wehren. Wegen gerade direkt vom Joggen, Kreislauf, noch nichts gegessen, Lampen an, gleich Termin, etc. Keine Chance. "Dat is hier ned zum aaausssuchen, men Jung! Dat is wichtig. Dat is Brauchtumspflege." Jetzt habe ich ne Fahne, die Lampen an, Kreislauf und immer noch nichts gegessen.

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auf dem fluss

es war gut auf dem fluss die augen zum himmel gerichtet die wolken zu sehen

und die ufer ohne mein zutun in der ferne erloschen zu wissen

nicht zu steuern in der strömung und nicht ahnen was zu steuern ist

katarakt! zu rufen ohne furcht vor einem fall der schwerelos ist bis zum tod

bis der fluss im flachen land versandete denn diesen fall hat niemand mit uns durchgespielt

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Bilder dazu gemalt 😺
by Albtraumjaeger (06.12.21, 14:08)

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Vielleicht sollten wir unsere Schreibtische verlassen und zwischen den...
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Online seit...
by ChrisTel (18.06.21, 22:49)
danke. hat mich gefreut!
:)
by Anonymus (23.06.20, 15:30)
von mir auch allet
jute!
by kraehenpost (18.06.20, 10:58)
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by ChrisTel (18.06.20, 09:02)
Online
by Anonymus (13.06.20, 12:10)
#thismorningwalk
by Anonymus (13.06.20, 12:08)
Uuuuund... noch'n Podcast hier: https://im-moor.net
(kann man ruhig hören. ist seehehr gut))
by Albtraumjaeger (13.04.20, 18:12)
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einige Songs meiner diesjährigen 24-teiligen-Podcast-Serie über die Weihnachtshexe Beffaná in...
by Albtraumjaeger (07.01.20, 17:41)
Habs mir gerade angehört.
Cooler Text. Frohes Neues!
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Brückengeländer
by Anonymus (31.12.19, 13:27)
:)
by Anonymus (31.12.19, 13:24)
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by marraine (11.12.19, 14:08)
👍🤗
by Albtraumjaeger (06.12.19, 14:58)
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by marraine (06.12.19, 14:47)
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