Wenn er bei Vera war, vergaß er die Zeit. Es mochten Stunden oder Minuten gewesen sein. Dann ein Geräusch unten im Hausflur. „Deine Mutter ist da.“ Es war okay. Veras Mutter hatte nichts dagegen, dass er da war. „Ich frag mich, wie Du das immer machst.“ „Was?“ „Du hörst so vieles.“ Hajo mochte es, wenn Vera seine Sinne bewunderte. Vielleicht war es einer der Gründe, warum sie sich in ihn verliebt hatte. Sicherlich war es auch ein bisschen Klischee, dass Blinde besser hören konnten. Veras Mutter hatte die seltsame Angewohnheit, zu jeder Tageszeit den metallenen Briefkasten im Treppenhaus aufzuschließen und nach Post zu sehen. Es war nicht besonders schwer, das zu hören. Man musste nicht einmal besonders darauf achten. Er stand auf und öffnete das Fenster. Unten auf der Hauptstraße fuhr ein Auto vorbei. Hajo erkannte, wie der Geruch von verbranntem Benzin bis hoch in die zweite Etage schwebte. Mit dumpfem Grollen verklang das Geräusch des Motors in der Ferne. Das kleine, griechische Restaurant um die Ecke war noch geöffnet. Der Geruch von frittierten Pommes und Meeresfrüchten lag in der Luft. Es würde wohl bald regnen. Die Luft war kühl und angenehm. „Komm“, sagte sie und er hörte das leise Rascheln der Kissen.