"Guten morgen. Ich hätte gern eine Käsestange." "FÜM´ACHZICH!"

Ich könnte niemals außerhalb von Ostwestfalen existieren. Nicht für eine Sekunde. Die Herzlichkeit der Menschen würde mich vermutlich verglühen lassen. Ich bin zwanzig Minuten zu früh am Bahnhof. Eine gute Gelegenheit, sich diesen Ort etwas genauer anzusehen. Der Bielefelder Bahnhof wird nämlich renoviert. Das wird er zwar schon seit schätzungsweise zehn Jahren, aber in letzter Zeit hat sich etwas getan. Innerhalb weniger Monate wurde die letzte verbliebene Passage zu den Gleisen immer schmaler. Mittlerweile gibt es nicht einmal mehr ein Informationszentrum. Nur noch einen Tunnel aus Presspappe. Erst waren die Wände ja noch aus Spanplatten. Wenn die Entwicklung enger/billiger noch weiter fortschreitet, muss man demnächst durch einen Plastikschlauch zu seinem Zug flutschen... Neulich haben sie die Unterführung schonmal halbiert und die Treppenaufgänge nach links sind jetzt ins allgemeine Baustellengeschehen integriert. Ebenso wie die Abkürzung zum neuen Bahnhofsviertel, dem seelenlosesten und unlustigsten Vergnügungsviertel seit Disneyland Paris. Jedenfalls haben sie jetzt die Lastaufzüge zu den Bahnsteigen herausgerissen und Treppenaufgänge und Papptunnel hineingebaut, was vielleicht ein Gedränge und Massenhysterie verhindert. Aber was macht ein Rollstuhlfahrer? Mag sein, dass der Bielefelder Bahnhof in zehn oder fünfzig Jahren umgebaut ist. Dann kann man sein Heroin und schnellen, unpersönlichen Sex an einem Architektentraum aus Stahl und Glas erwerben. Aber im Moment ist es mehr so eine Art zusätzliches Geduldspiel für Bahnreisende.