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Donnerstag, 2. Februar 2006
Die Seele des Maschinisten
Kailoi
23:46Uhr | tag: Bipolarforschung
Ich kann nicht sagen, ob ich es einfach nur nicht geschnallt habe. Es gibt einige Augenblicke in einem Menschenleben, an die man wohl immer zurückdenken wird: Schlüsselmomente. Dabei können das ganz harmlos erscheinende Situationen sein. Augenblicke, denen man ihre schwerwiegende Bedeutung niemals im voraus angemerkt hätte. Nur in der Erinnerung werden sie zu einem Mysterium, zu einem was-wäre-wenn-Spiel. Ich hatte die Veränderung bemerkt, vor einigen Monaten. Wir waren vorher Freunde und wir waren es immernoch. Aber zwischendrin hatte eine Entscheidung stattgefunden. Ich fand es eigentlich nicht fair. Es war eine Andeutung, sehr subtil, wenn man es überhaupt als Zeichen erkennen konnte. Man hätte es im schlimmsten Fall als Missverständnis - aber ich schätze, ich hätte einfach im selben Moment die selbe Idee haben müssen. Und das war eben nicht der Fall. Ein Blick, ein Atemzug, ein weltweites Schweigen. Dann, viel später, als ich den Plan durchschaut hatte, war es zu spät. Jemand sagt zu mir "Sie müssen hier aussteigen. Endstation". Straßenbahn, ach so, ja. Und Blumen. Für Annegret. ... Link (0 Kommentare) ... Comment
vierzeiler des tages
Albtraumjaeger
22:54Uhr | tag: Poesie
gute nacht, du alte säge machst doch menschen müd und träge machst doch lider groß und schwer... doch mach hinne, bitte sehr. ... Link (2 Kommentare) ... Comment Mittwoch, 1. Februar 2006
herausgefunden ...
... wie das eine Lied von Muse heißt, das mir gefiel: Muscle Museum ... Link (0 Kommentare) ... Comment
Größter Anzunehmender Unfall
Kailoi
19:47Uhr | tag: radio noir
Alles wirkte plötzlich nicht mehr wirklich. Es war, wie in einem Film anwesend zu sein, der aus einzelnen Szenen zusammengesetzt war. Die einzige Verbindung zwischen den zusammenhanglos erscheinenden Sequenzen war ein Endlosband, welches ewig den selben Satz wiedergab: Oh nein, wie schrecklich! Ich hörte das Blut in meinen Adern rauschen. Meine Augen fühlten sich an, als würden sie mindestens einen Zentimeter weit aus meinem Kopf ragen. Mein Herz raste und ein setsames Prickeln beherrschte meine Eingeweide. Oh nein, wie schrecklich! Ich kannte ihn nicht einmal. Aber er machte mich wütend. Er tat nicht, was ich von ihm wollte. Er sah ganz verzerrt aus und irgendwie angeschwollen. Der Mann schrie mich an Oh nein, wie schrecklich! "... DEINER FREUNDIN SIE SOLL DAMIT AUFHÖREN!" Auch ich schrie. "HOLEN SIE GEFÄLLIGST HILFE VERDAMMTNOCHMAL!" Ich hatte ganz vergessen, wie ich klang, wenn ich schrie. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich mich so schon einmal erlebt habe. Ein Buch segelte an uns vorbei. Wie in Zeitlupe las ich den Titel, bevor es seine Flügel ausbreitete. Rezepte zum abnehmen und genießen. Darauf war ein Foto von einem Fisch und einigen Stangen Spargel, dekoriert mit saftig grünen Kräutern. Ich hatte keinen Hunger. Mir war kotzübel. Das Buch landete in einem Drehständer mit Taschenbüchern und brachte ihn zu Fall. Wir waren in eine Buchhandlung gegangen. Oh nein, wie schrecklich! Annegret fegte ein Regalfeld voller Fantasy-Bücher leer. Ihre langen, kastanienbraunen Haare waren unordentlich. Ihre Brille war verschwunden. Ich musste etwas unternehmen, obwohl ich nicht einmal verstand, was überhaupt passierte. Oh nein, wie schrecklich! Einige Kunden hatten sofort den Laden verlassen. Andere hatten sich in vermeintlich sicherem Abstand aufgestellt und glotzten mit stummen blöden Blicken das Spektakel an. Auch Annegret schrie. Oh nein, wie schrecklich! Ich umfasste sie und versuchte, ihre Arme einzufangen, die umherpeitschten wie Zweige in einem Orkan. Ihr zierlicher Körper hatte wahnsinnige Kräfte freigesetzt. Wellen von Kraft und Zerstörungswut zuckten durch sie. Oh nein, wie schrecklich! Ich fragte mich, ob es meine Schuld war. Manchmal, in schwachen Momenten, neige ich zum Aberglauben. Dann glaube ich, ich würde den Menschen um mich Unglück bringen oder ich hätte einen schlechten Einfluss auf sie. Ich dachte immer, von uns beiden sei ich der Verrückte. Konnte es sein, dass ich Grete verrückt gemacht hatte? Oh nein, wie schrecklich! Es war sehr laut um uns. Ich verstand längst kein einzelnes Wort mehr. Nur in der Ferne hörte ich Sirenen und es war das erste mal in meinem Leben, dass ich mich darüber freute. ... Link (3 Kommentare) ... Comment Dienstag, 31. Januar 2006
Belastungszeuge
Kailoi
20:58Uhr | tag: current mood
Ich nahm die Blätter wieder an mich, die ich absichtlich bei ihr vergessen hatte. Es muss ihr klar gewesen sein. In Annegrets Wohnung konnte man nichts vergessen. Jedes Objekt stach darin hervor wie ein Leuchtfeuer. "Und? Hast Du mal draufgeschaut", fragte ich so beiläufig, wie es mir eben möglich war. "Klar. Sonst wüsste ich ja nicht, dass es Deins ist", antworte sie trocken. Eine Pause von ungefähr fünfzehntausend Jahren entstand. "Was hälst Du davon?" "Gefällt mir." Ich hatte noch eine Sache mitgebracht, die ich nun hervorholte. "Hättest Du Lust, das hier für mich zu lesen?" "Klar. Wieso nicht." Auch diese Geschichte fand sie gut, genau wie die folgenden. Irgendwann äußerte ich den Verdacht, dass sie das alles nur aus einer Gefälligkeit heraus gut fand. Ein Psychologe mit dem individualistischen Namen Meyer hat einmal die Paradoxen Effekte von Lob und Tadel beschrieben: in manchen Situationen bewirkt ein Lob den Eindruck, der (oder die) Lobende habe dem Gelobten das Ergebnis garnicht zugetraut und sei somit positiv überrascht. So kann es vorkommen, dass man sich trotz eines Lobes minderwertig vorkommt. Umgekehrt kann ein Tadel aufgefasst werden, als habe man mehr erwarten können, dem Getadelten werden also mehr Fähigkeiten zugetraut, als er gerade gezeigt hat. Das alles erzählte ich ihr natürlich nicht. Das habe ich später gelesen als ich mich fragte, was da eigentlich zwischen uns passiert. ... Link (3 Kommentare) ... Comment
Die Kunst des langfristigen Überlebens
Kailoi
15:17Uhr | tag: Fingeruebungen
Ein Fest. Ich wollte eine Kleinigkeit zu essen mitbringen, wie man es aus Filmen kennt. Etwas einfaches würde ich schon hinbekommen, auch ohne Rezept. Es musste nicht schmecken, nur gut aussehen. Ich sah nach, welche meiner Konserven verwertet werden mussten. Die Besessenheit, unkontrolliert Konserven nach Kategorien einzukaufen (Obst, Fisch, Hülsenfrüchte, usw.) bescherte mir eine Auswahl, mit der man einen Atomkrieg überdauern konnte. Ich erfand eine dekorative Erbsenpaste, die ich auf Cracker auftrug und mit Sardellenfilets dekorierte. Den Abschluß bildeten Cocktailkirschen. "Deine Dialoge wirken holprig und unnatürlich. Deine Charaktere haben kein Aussehen, keine Hintergrundgeschichte und kein Ziel. Sie irren herum und machen scheinbar bedeutungsvolle Dinge, ohne irgendwo anzukommen oder etwas zu erreichen." Diese Predigt hatte sich in meinen aktuellen Gedankengängen verfestigt. Wenn mir nicht etwas Grundlegendes bewusst geworden wäre, hätte sie sicherlich schlechtere Laune erzeugt: wir waren eine symbiotische Beziehung eingegangen. Sie konnte nicht mehr ohne mein Versuchen leben, etwas zu schreiben, das ihren Gefallen fand. Und ich konnte nicht mehr schreiben, ohne dieses Ziel vor Augen zu haben. Schicksalhaft, bezaubernd - ich wusste nicht, wie ich es finden sollte. "Wenn Du das Märchen von Hänsel und Gretel geschrieben hättest, hätten sie sich in einem sehr detailreich beschriebenen Wald verirrt, wären aber niemals an einem Haus angekommen. Sie hätten sich höchstens darüber unterhalten, dass es irgendwie nach Lebkuchen riecht." Annegrets Wohnung bestand fast ausschließlich aus leeren, weißen Räumen. Seit ich sie kenne, weiß ich, dass Minimalismus auch ein Lebensstil sein kann. Ein Tisch mit Stühlen, ein Sessel neben einem kleinen Tischchen auf dem immer, wenn ich hier war, ein anderes Buch lag. Es gab noch eine kleine Kommode. Ich habe mich aber nie getraut, sie zu öffnen. Einige Räume waren tabu und stets verschlossen und ich bezweifle nicht, dass Grete diesen Zustand mit ihrem Leben verteidigen würde. So beruhigte ich mich jedes Mal mit dem Gedanken, dass sie all jenen Plunder und Kram, den Menschen zwangsläufig ansammeln und von dem sie sich nicht trennen können hinter diesen Türen aufgetürmt hatte. Die anderen eingeladenen Gäste waren mir ohne Ausnahme unsympathisch. Nicht einmal ein oberflächliches Gespräch waren sie mir wert und so verfolgte ich Grete mit Blicken und schaute, was sie so tat und mit wem sie sich worüber unterhielt. Später erlangte ich dann zweifelhaften Ruhm, als einer der Schwachmaten von den mitgebrachten Häppchen aß. ... Link (0 Kommentare) ... Comment
Bowman
... Link (0 Kommentare) ... Comment Montag, 30. Januar 2006
Passive Kriegsführung
Kailoi
21:09Uhr | tag: Die Unendlichkeit des Seins
Wir übertrafen uns gegenseitig im Schweigen. Ich machte lange Spaziergänge, rief niemanden an, programmierte den Anrufbeantworter mehrmals neu und zog schließlich das Telefonkabel aus der Telefonsteckdose. Ich ging in den Keller und begann, ein kleines Vogelhaus zu bauen. In der Ambulanz sagte man mir später, ein Pflaster hätte es auch getan. Ich verpflichtete mich, sämtliche Selbstzerstörungsaktivitäten zu unterlassen - auch, wenn mir sehr danach zumute war. Mehr als einmal war ich auf dem Weg zu einem Zigarettenautomaten, zumindest in Gedanken. War dann aber zum Glück zu teilnahmslos. Ich schloss das Telefon wieder an und erwartete, dass nun auch jemand anrufen müsse, damit ich nicht drangehen könne. Mein persönliches Gesamtkonzept wich immer weiter von der Realität ab. Ich begann, Leserinnenbriefe an eine Frauenzeitschrift zu schreiben von der ich wusste, dass Grete sie las. Ich war eine Hardlinerin in Frauenfragen. Ich hörte auf, mich zu rasieren. Und dann kam der Tag, der ein perfekter Zweizeiler war: ich hakte grad ein Blumenbeet und plötzlich stand da Annegret. Viele Worte fielen, so dass ein Vakuum entstand. ... Link (2 Kommentare) ... Comment
Redundanz
Kailoi
13:55Uhr | tag: Fingeruebungen
Wir trafen uns in einer Autobahnraststätte, die ich mit meinem Fahrrad erreichen konnte. Ich mochte diesen Ort. Ich mochte den Gedanken, dass man Annegret und mich für ein Paar auf der Reise (oder der Flucht) zu einer anderen Stadt halten konnte. Wir hatten Kaffee bestellt und Grete außerdem ein qudratisches Stück Obstkuchen. Ich wusste, dass sie es nicht anrühren würde. Meiner Einschätzung nach gibt es nur wenige Menschen auf dieser Welt, die Speisen bestellen, um damit den Tisch vor sich zu dekorieren. Annegret las die Seiten, die ich ihr überreicht hatte mit einem unbestimmbaren Gesichtsausdruck. Abwesend zündete sie sich eine Zigarette an und ich unterdrückte den Impuls, sie anzuschnorren. Sie tippte auf das Päckchen Zigaretten und sagte "nimm ruhig". Allerdings klang das eher wie eine Drohung und ich hielt mich zurück. Wir saßen am Fenster zum Parkplatz. Ein Mann verschwand hastig zwischen den Büschen. Ich langweilte mich und beschloss, meine Rolle als Flüchtling zu bestärken, indem ich die Leute um mich herum musterte als wolle ich prüfen, ob sich hinter einer dieser Visagen ein getarnter Bulle verbarg. Meine Bemühungen wurden so gut wie garnicht wahrgenommen. Nur ein Brummifahrer ließ für einen Moment von seinem unglaublichen Fleischteller ab und hielt meinen Blick fest. Einige übermüdete Kinder zwei Tische weiter probten den Aufstand und nahmen mit ihrem Geschrei das gesamte Lokal in Beschlag. Da halfen auch keine Pflanzkastenraumteiler mitsamt unnatürlich grünen und mit schmierigem Staub bedeckten Plastikpflanzen. Der geschäftige Frieden der Raststätte war zerstört. Ich hatte nicht bemerkt, dass Grete fertig war mit lesen. Sie musterte mich. Ich vermutete, sie suchte nach einem Weg ihre Begeisterung in die übliche Kritik zu verwandeln. Ich wartete. Sie rauchte. Der Mann kam aus dem Gebüsch zurück. "Ich frage mich, was in Deinem Kopf vorgeht" warf sie dann in einem weder feindseligen, noch freundlichen Ton in den Raum zwischen unseren Kaffeetassen. "Ich habe gerade überlegt ... wenn jetzt ein LKW ungebremst - wegen eines Defekts an den Bremsen - in diese Raststätte rasen würde ... der würde von der anderen Seite kommen, wo die Einfahrt ist. Würde der uns hier noch erwischen? was meinst Du?" Damit hatte ich den Nachmittag ruiniert. Dabei hatte ich es irgendwie für witzig gehalten. ... Link (3 Kommentare) ... Comment
Kailoi
11:19Uhr | tag: Guck mal: Links
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