Glauben
Mittwoch, 13. April 2005
Glauben

Aus aktuellem Anlass heute ein paar abendliche Gedanken zum beliebten und stets kontroversen Thema "Glauben". Glauben heißt: nicht wissen. Dieser allseits bekannte und oft genutzte Ausspruch hat es in sich. Meistens verwendet als Antwort auf eine Aussage, die mit "Ich glaube, ..." beginnt oder "..., glaube ich" endet. Und tatsächlich ist das Glauben in jedem Sinne unpopulär geworden. Wer in der heutigen Zeit sein Unwissen offen zugibt, oder dabei ertappt wird, erntet entweder betretenes Schweigen, höhnische Bemerkungen oder herablassendes Kopfschütteln. Immernoch außerhalb des religiösen Kontextes steht das Glauben im Widerspruch zur angeblich allseits präsenten Leistungsgesellschaft: Unsicherheit, Mut zur Lücke, kreative Lösungsstrategien oder ein gesundes Halbwissen werden mit erhobener Forke aus der Gesellschaft verbannt. Jeder Schuss hat ein Treffer zu sein, alles hundertprozentig, voller Überzeugung und Verantwortung. Dass in einem solchen Klima allerdings auch Hochstabler und Lügner gedeihen, nimmt man offenbar in kauf. Nach dem Motto: Ehrlich wert am längsten, wird aber schlecht verzinst. Geschickt weiß man auf die Themengebiete zu lenken, in denen man Experte ist und zu überzeugen weiß. Andere Dinge werden als unwichtig oder uninteressant abgetan und überspielt.

Doch kommen wir zur Religion. Der Institution, in der das Glauben professionell betrieben wird. Auch die so genannten Glaubensrichtungen oder -gemeinschaften haben einige Kritik über sich ergehen zu lassen. Was für das Glauben im Allgemeinen gilt, lässt sich auch auf den religiösen Glauben übertragen. Man sieht Gläubige oft als bedauernswerte Irrläufer an, die schlichtweg zu wenig wissen, um sich ein vernünftiges Weltbild anzueigen. So verwundert es nicht, dass viele Menschen sich als Agnostiker oder Atheisten bezeichen und ihren Standpunkt entweder mit einer naturwissenschaftlichen Bildung, mit der inakzeptablen und anhaltenden Rückständigkeit der Kirchen, mit Verbrechen, die in ihrem Namen in der Geschichte verübt wurden oder mit praktischen Erwägungen, wie dem Bedarf an sonntäglicher Ruhe oder der Kirchensteuer begründen. Andere schließen sich in unserem Kulturkreis eher unüblichen Glaubensrichtungen an (wobei sie durch die Vielzahl solcher dann wieder üblich genannt werden könnten) und müssen sich nachsagen lassen, die Wahl ihres Glaubens sei auf romantisch-exotische oder individualistische Motive zurückzuführen. Was wollen wir also mit dem Glauben anfangen? Sollen wir es mit dem arg strapazierten Nietsche halten und allen, die es nicht glauben (!) nahelegen, dass Gott tot ist? Eignen wir uns eine übliche Leben und Leben lassen-Haltung an und setzen das Kopfschütteln fort? Strafen wir diejenigen mit Spott, die ganz offensichtlich einen Mangel mit einem anderen auszugleichen suchen? Lassen wir den Glauben auf der anderen Seite zu einem schmückenden Accesoire verkümmern? Lassen wir nichts mehr gelten, was in den Augen der Mehrheit akzeptabel erscheint? Ich glaube nicht.

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sollen die leude glauben, was sie wollen. sie sollen nur aufhören, ihre emotionalen hängematten als alleinseeligmachend zu verkaufen und sie könnten sich diesen ich-bin-gerettet-und-du-bist-verloren-habitus abgewöhnen.

> Jeder Schuss hat ein Treffer zu sein, alles hundertprozentig, voller Überzeugung und Verantwortung.

überlegen Sie mal, wo Sie diese haltung am häufigsten antreffen: nicht in der naturwissenschaft, nicht mal in der ftp, sondern bei den zeugen jehovas. okay, ein extrembeispiel, aber in allen religiösen bewegungen mit missionarischem drang findet man ähnliche tendenzen. wie gesagt: solange die mich in ruhe lassen können sie sich meinetwegen jeden abend auspeitschen.

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