Ottos Mops
Freitag, 22. Oktober 2004
Ottos Mops

1. Abschnitt: Die Mitte zuerst 2. Abschnitt: Neoetatistisches Ökonomengeschwurbel 3. Abschnitt: Scheiß neue Energien 4. Abschnitt: heimaterde reloaded

Der Rest des Abendessens musste improvisiert werden. Tug, der Koch, war irgendwo im dritten Stock eingeschlossen und dachte über seine üblen Taten nach. Die Kellner, Frank und Bronko, schleppten sämtliche Nahrungsmittel aus der Küche in den Saal, von denen sie glaubten, dass sie für den Hauptgang gedacht waren. Sie zeigten kein großes Interesse daran, das Essen einigermaßen gerecht auf die Tische zu verteilen und so kam es im Falle unseres Tisches zu einer ungewöhnlichen Häufung von gut abgehangenem Speck und drei Töpfen Schmalz, während der Nachbartisch, an dem Nikolai neben der übergewichtigen Frau saß, vor einem Dutzende Porreestangen und vier Gläser Einmachgurken hockte. Die Versuche der Nachbartische, ein paar Stücke Speck von uns zu ergattern, quittierte Neilon mit gezielten Hieben auf den Handrücken. [read on]

“Was war das eben mit dem Koch?”, fragte ich. Doch Neilon winkte ab und lud sich den Teller voller Schmalzbrote. “Jetzt wird gegessen”, murmelte er, stopfte sich großes Stück Räucherschinken in den Mund und schmatzte demonstrativ. Der Alte in Schwarz stand auf, verschwand kurz in der Küche und kam mit ein paar Gläsern und einer Flasche Wein zurück. “Auf unsern Tug”, sagte er und goss die Gläser bis zum Rand voll. Einer der anderen schaute ihn an. “Das wird schon wieder. Auf unseren bescheuerten Koch.” Alle am Tisch, auch Neilon, hoben die Gläser. “Auf Tug.” Ich leerte mein Glas in zwei Zügen, ein ordentlicher, schwerer Wein, Tug hatte ihn wohl kaum als Tischwein vorgesehen. Schließlich stand ich auf, um mir eine fleischlose Mahlzeit an den anderen Tischen zusammenzuschnorren. Außerdem suchte ich nach Otto. Ich wollte ihn einige Dinge über Neilon fragen, über das Hotel und über Tug. Ich fühlte mich seltsam. Obwohl ich nur ein paar Kilometer entfernt geboren worden war, kam es mir vor, dass ich so weit gereist war, wie niemals je zuvor. Nicht nur, dass ich mich nicht erinnern konnte, die Ständige Vertretung jemals vorher gesehen zu haben, auch die vielen Menschen, die hier an den Tischen saßen, ungesundes Essen in sich hineinstopften und zu absurden Schüttelreimen applaudierten, waren mir nie vorher begegnet. Ich war in einem Haus etwas außerhalb des Ortes aufgewachsen, einem Haus, das inzwischen verkauft und höchstwahrscheinlich abgerissen war. Außer in den großen Ballungsräumen war der systematische Rückbau der Städte voll im Gange. Niemand gab sich mehr der Illusion hin, dass unbedeutende Durchschnittshäuser am Rande unbedeutender Durchschnittsstädtchen in den nächsten 50 Jahren wieder bewohnt würden. Die Hausbesetzerszene hätte eine wahre Renaissance erleben können, aber irgendwie hatte niemand Lust darauf. Denn die Kids waren in den Augen der Öffentlichkeit zwar gewalttätig und unglaublich dumm, so dumm, zu Hause auszuziehen waren sie dann aber doch nicht. Kinder waren nicht nur fett und unberechenbar, sie waren inzwischen auch verdammt selten. Wie eine vom Aussterben bedrohte Echsenart wurden sie deshalb von ihren Erziehungsberechtigten in weitläufigen Terrarien voller elektronischer Spielzeuge und flimmerfreien Bildschirmen gehalten. Meine Eltern hatten die Gegend nur einige Jahre, nachdem ich zum Studium weggezogen war, verlassen. Zusammen mit anderen hatten sie ein altes Herrenhaus in Ostpreußen gekauft und renoviert, zwei oder dreimal im Jahr besuchte ich sie dort, meistens alleine, manchmal mit meiner Freundin. Nichts verband mich mehr mit dieser Stadt. Und eben hier, an einem Ort, der mir fremder schien als alle anderen Orte, fühlte ich mich im Moment mehr zu Hause als irgendwo sonst. Vielleicht war es das Fehlen roter Alarmanlagenleuchten und grüner Notausgangsschilder, die anderswo allgegenwärtig waren, vielleicht auch die fast völlige Abgeschiedenheit von aktuellen Nachrichten, der Politik, dem Wirtschaftsgeschehen. Vielleicht war es auch einfach nur der Regen, der seit ein paar Minuten gegen das große Außenfenster prasselte und den Raum noch viel behaglicher erschienen lies, als er ohnehin schon war. Ich schaute mich um. Otto war nirgends zu entdecken. Ich fragte an allen Tischen, aber niemand hatte ihn seit Beginn des Abendbrots gesehen. Nikolai musste ebenfalls passen. “Der is bestimmt bei Tug”, brummte die Frau, neben ihm. “Kümmert sich `n bisschen und so. Kann diese Pöbeleien nich ausstehen, sacht er immer.” Sie stellte sich mir als Iselgunde soundso vor. Iselgunde hatte Nikolai den ganzen Abend von ihren besten Backrezepten erzählt und versprach uns für den späteren Abend noch eine kleine Kostprobe. Am Tisch neben mir saßen Mick und Michi und unterhielten sich mit einer vielleicht vierzigjährigen Frau und einem gleichaltrigen Mann, ihrem Freund oder Ehemann wahrscheinlich. Eigentlich redeten nur die beiden, während Mick und Michi nur dasaßen und interessiert zuhörten. Die Chefmoderatoren hingen entspannt auf ihren Stühlen, nippten an ihren Gläsern, nickten manchmal und hörten zu. Ich entdeckte einen Teller mit dampfenden Gemüsepuffern, nahm ihn mit und ging langsam zur Saaltür. Gerade noch sah ich Nikolai und Iselgunde, als sie mit Bronko in der Küche verschwanden um Iselgundes Kuchen zu backen.

Ich öffnete die Tür und stand in der Empfangshalle, wo mich aus dem Hintergrund jemand mit blitzenden Augen anfunkelte. “Das is hier kein Dreif Inn oder so. Gegessen wird im Speisesaal.“ „Entschuldigung.“ „Hier wird nur angemeldet, abgemeldet und ansonsten geschwiegen. Mit leerem Mund geschwiegen, klar?” bellte Frau Pölker hinter ihrem Tresen hervor, ohne ihren Oberkörper erkennbar zu bewegen. “Was hammse denn da?” “Gemüsepuffer.” “Bah. Mit Speck?” “Ich hoffe nicht.” Ich schaute auf den Teller. “Nee, kein Fleisch weit und breit.” “Bah. Pah. Gehmse mal ein’ her.“ Ich ging zum Tresen und reichte ihr den Teller rüber. Mit spitzen Fingern nahm sie den oberen Pfannkuchen, hielt ihn gegen das Licht und stopfte ihn sich in den Mund. Eine halbe Minute lang standen wir wortlos voreinander. Ich schweigend, sie schmatzend, die Augen geschlossen. Dann schaute sie mich wieder an. „Entweder Sie gehen zurück oder sie verschwinden auf Ihr Zimmer. Hier is Essen verboten.” “Tut mir leid, hab gar kein Schild gesehen.” “Steht alles in der Hausordnung. Der Broschüre, die ich Ihnen vor zwei Stunden gegeben hab. Broschüre. Grün, Braun, Rot. Papier. Verstehen?” “Eigentlich bin ich auf der Suche nach Otto.” “Is oben.” “Hab schon gehört. Bei Tug, richtig?” “Da könnse aber nich hin.” “Auch verboten?” “Ja.” “Könnte man, ich meine, könnten sie eventuell mal oben anrufen und fragen, ob ich raufkommen darf?” “Nee nee.” “Und wenn man Otto fragt, ob er runterkommt?” “Tut er nich.” “Fragen Sie doch bitte mal nach. Er soll mir ein paar von seinen Geschichten erzählen.”

Eine halbe Stunde später traf ich Otto im Salon im ersten Stock. Er trug lediglich ein Unterhemd, eine braune Jogginghose und eine Schlägermütze. In der linken Hand hielt er eine Flasche Bier. Otto saß in einem staubigen Ohrensessel, hatte die Füße auf einen Hocker gelegt. Seine Augen waren geschlossen In seinem Schoß lag ein in der Mitte aufgeschlagenes Buch mit der Rückseite nach oben. “Robotermärchen” war darauf zu lesen. Ich setze mich in einen Sessel neben ihm und räusperte mich. Seine Augen öffneten sich, ruhig schaute er mich. “N’Abend”, sagte er, “dann hör mal zu.”

“Manchmal ist es Tug, manchmal Etwart, manchmal jemand anderes. Auch Neilon hats schon mal erwischt. Sie brüllen und toben, beschimpfen uns mit allen möglichen und unmöglichen Schimpfwörtern. Analvagabund zum Beispiel kannte ich noch nicht. Etwart hat mich so genannt. Was weiß ich, wann’s anfing. In den ersten Jahren war’s jedenfalls nie, oder sie haben’s mir nich’ gesagt. Glaub mal nicht, dass die hier alles erzählen, das Meiste weiß ich auch nicht. Bin einfach hier, höre, sehe, halte meinen Mund, wenns nich’ meine Angelegenheiten sind. Aber sie tun mir immer leid, wenns wieder soweit is’, dann zucken alle zusammen und keinen lässts kalt.” “Was ist es?” “Sie gehen kurz raus oder drehen einfach nur mal das Gesicht weg, schauen kurz auf den Teller oder so, weiß ich, dann kommt es. Mir passiert’s nich’, darum kann ich’s nich’ verstehen, bin nur’n Zeuge oder so. Die Gesichter verziehen sich, richtige Fratzen sind das und dann schimpfen sie, schreien und sie werden gewalttätig, klick, wie sonn’ Werwolf bei Vollmond.” “Frau Pölker auch?” “Ach natürlich. Die hats ja schon schwer genug mit allem, muss hier immer die böse sein, weil sonst keiner n bisschen aufpasst. Is’ kein schöner Anblick, wenn sie’s is’, der Guerilla. So nenn‘ sie das hier. Guerilla. Das geht dann irgendwann wieder weg und alle tun, als ob‘s nie passiert wär und nie wieder kommt.” “Was denken Sie was da passiert?“ „Ich fahr mein Auto ja kaum noch, das is hier nich nötig, gibt ja alles. Essen und so. Schlafplatz, paar Bücher, nette Unterhaltung. Drüben in der Küche, wenn da n paar sitzen und sich unterhalten, Garten, Wetter, Politik, Reisen, so was. Was soll man hier weg? Is ja nich’ so, dass es gefährlich wäre, is’ ja eher leerer geworden auf den Straßen, nee, gefährlicher is’ nich’. Aber wozu? Geht nich’ nur mir so. Die meisten sind den ganzen Tag da. Irgendwo im Haus oder drumrum. Neilon mit seinem Bollerwagen und seinem Ramsch, den er sammelt. Der zieht immer noch n bisschen durch die Gegend, verarscht Leute, so was. Und Tug kauft ein, auf dem Markt, der Rest wird geliefert. Sonst is’ man hier im Haus. Hatte eben am Anfang gedacht: klarer Fall von Lagerkoller. Sitzen hier den lieben langen Tag rum und dann klickts irgendwann aus. Aber bei Etwart war’s was anderes. Der kommt nur alle Jubeljahre mal, immer unterwegs und so. Das hat mich überrascht.“ „Etwart. Wer ist das? Ist er hier, momentan?“ „Nich’ gesehen. Nee. Etwart hat das Geld besorgt. Irgendwann vor Jahren hat er das alles hier gekauft und ausgebaut. Mit Neilon und n paar anderen. Tug. Pölker wohl auch. Ich hab ihn damals getroffen, als ich noch nich’ hier war. Wohnte alleine. Traf ihn auf’m Fest im Frühling, Kirschblütenfest, ja, redet er mit n paar Nachbarn, trinkt, bechert, Junge, der war stockbesoffen schon, als ich ihn sah. Und dann drehen die sich um zu mir, n Kollege zeigt auf mich und Etwart kommt rüber. ‚Otto’, sacht er, ‚hab gehört, du hast Langeweile. Ich brauch ein’ für den Garten.’ Und dann bequatscht er mich. War vielleicht vierzig damals, mehr als doppelt so jung wie ich, und erzählt von seinen Firmen und seinem neuen Hotel. Stockbesoffen. Hinter ihm zwei Leibwächtertypen mit Sonnenbrille. Dabei war’s schon fast dunkel. Und irgendwann sag ich eben, ja gut, ich schau mir das mal an und er zieht sein Portemonnaie raus und gibt mir seine Karte. Etwart Daggeldoyn.“ „Der Etwart Daggeldoyn? Der Mann wird seit Jahren mit internationalem Strafbefehl gesucht, Otto!“ „Gott, hatter mir alles erzählt damals, war eben betrunken, hab ich nicht ernst genommen. Und wenn schon.“ „Der Mann hat mit Insidergeschäften mehr als eine Milliarde Euro gemacht!“ „Ja. Ja, kann sein, irgendwas von Börsenaufsicht hatter damals gefaselt. Alter Kapitalist hab ich ihn genannt und er hat gelacht. Is’ nett, der Etwart.“ „Und dann sind Sie hier ins Hotel gezogen…?“ „I wo, der hat doch ´n Schaden, hab ich gedacht. Betrunken, erinnert sich an gar nichts morgen. Nee. Nee, die Sache war dann vergessen bis zum Sommer. Kennst Du diese großen alten Armeejeeps von den Amerikanern? „Hummer?“ „Ja. Etwart hatte damals so einen mit ohne Dach. Hummer, richtig? Hummer Cabrio. Riesiges Teil. Und damit hat er meinHund platt gemacht. Fuhr eines Tages einfach drüber. Hatte nich’ geguckt, fuhr viel zu schnell in der verkehrsberuhigten Zone und dann machts einmal kurz ‚matsch’. Hat nix gemerkt, der Hund, war aber trotzdem ärgerlich. Hab ich geschimpft. ‚Sauerei’ hab ich geschrieen. Stimmte ja auch. Der Hund war ja auch ganz in Ordnung gewesen. Hatte mich aber noch nicht so dran gewöhnt. War mein erster damals und auch erst seit einem halben Jahr. War dann auch mein letzter. Diese Sauerei auf der Straße und alles. Nee, wollt ich nich’ noch mal haben. Steigt er also aus seinen Hummer aus, wieder mal vollkommen stramm und sacht als erstes ‚Du hast Dich ja nie bei mir gemeldet, Otto.’ Ernsthaft. Kannte meinen Namen noch und alles. Und dann sind wir ´n bisschen ins Gespräch gekommen, hab ihn noch ins Haus geholt, war ja direkt vor meiner Haustür, ja und dann bin ich gleich mit ihm mit in sein Hotel, den Garten anschauen. Ich zwischen ihm und einem seiner Aufpasserjungs vorne in diesem Monstrum, ein anderer sitzt hinten und so fahr’n wir da durch die Gegend. „Aber der Mann wurde doch auch damals schon gesucht. Hat ihn denn nie jemand erkannt?“ „Werden ihn schon welche erkannt haben, geh ich mal von aus. Aber is’ nie was passiert. Ich glaub ja, der is’ mit denen bei der Polizei richtig dicke, verstehst? Mein Gott, Aktien, das interessiert hier doch kein’. War irgendein Boss von sonne Aktienfirma und hatn paar Mal gewusst, wann er kaufen und wann er verkaufen muss, oder? Jedenfalls, ihm gehört das Ganze hier. Bezahlt alle Rechnungen, schickt Leute vorbei, die alles reparieren, was wir nich’ selbst hinkriegen. Neilon macht `ne ganze Menge selbst. Ich den Garten, Pölker die Buchhaltung, Tug besorgt die Verpflegung und geputzt wird eher selten, was?“ Otto setze seine Bierflasche an und nahm einen winzigen Schluck. „Ich trink auf Olli, meinen Hund. Alt is’ er nich geworden bei mir. Und gestorben is’ er auch nich’ schön, so untern Autoreifen is’ schon übel. Aber wir hatten Spaß, mein Mops und ich. Halbes Jahr warn wir ein gutes Gespann. Prost, Olli!“

Noch während Otto erzählte, trudelten nach und nach ein paar andere Bewohner ein. Mick und Michi kamen zusammen mit dem Ehepaar, setzten sich um einen niedrigen Tisch auf den Boden und waren bald in die Anleitung zu einem alten Brettspiel vertieft. Der schwarzgekleidete Alte stopfte sich eine Pfeife und begann, sich an einem großen Kamin zu schaffen zu machen. Jemand brachte eine unsichtbare Musikanlage in Gang, die nun im Hintergrund alte HipHop-Klassiker spielte. Weinflaschen wurden geköpft, Gläser gefüllt und den Raum erfüllte das gedämpfte Stimmenwirrarr der Bewohner der Ständigen Vertretung. Ich besorge mir eine Flasche Bier und stieß mit Otto an. Er lächelte, wandte sich dann aber abrupt zur Tür. Im ersten Augenblick war die dunkel gekleidete Gestalt, die im Türrahmen stand und im Raum herumschaute, kaum zu erkennen. Erst als ihre dunklen Knopfaugen das Kaminfeuer reflektierten, das inzwischen im Kamin flackerte, war unzweifelhaft, dass es sich um Frau Pölker handelte. Otto legte das Buch beiseite, stellte die Bierflasche auf den kleinen Tisch neben uns und stand auf. „Anneliese, schön, dass du gekommen bist.“ „Ach, ob ich nu’ hier rumstehe oder da unten, is’ auch wurscht.“ „Albert kennst du da ja.“ „Pah. Nabend noch mal.“ „Nabend, Frau Pölker. Sind noch `n paar kalte Pfannkuchen da.“ „Dann gehmse gleich ma her. Besser wern die ja auch nich’ vom Liegen.“ Otto hatte mit einer beeindruckenden Geschmeidigkeit einen weiteren Sessel organisiert und schob ihn zu uns an den Tisch. „Setz dich doch, Anneliese.“ „ Setzen, wie? Ach, warum nich’. Is ja kein Dogma, diese ewige Steherei, oder? Beide setzen sich. Otto blinzelte mir ein letztes Mal zu, danach war ich für ihn vergessen. Nein, er brauchte keinen neuen Hund gegen die Einsamkeit, so viel war klar. Und die Chancen, dass Frau Pölker auf die Straße ging und sich totfahren ließ, waren äußerst gering.

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Gewinne den Eindruck, dass das hier weit mehr ist, als ich erst erkannt habe. Die Essenz aus allem, ist es, nicht wahr?

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essenz. hm. nein. nur kein elan gehabt, viel zu erfinden. einfach genommen, was da war. verknüpft. gesponnen. sowas...

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Bridge

(Habe ich mir heute beim Bahnfahren ausgedacht. Ist ein Produkt der Begeisterung, ist also gesondert zu betrachten und im schlimmsten Fall zu ignorieren.)

Es war recht schwer, einen Ort zu finden, um einen unterhaltsamen Abend in der Stadt zu verbringen, wenn einem der Sinn nicht gerade nach Apfelkuchen mit Sahne und der Hitparade der Volksmusik stand. Im Hotel konnte uns natürlich keiner einen Tipp geben, da niemand von Ihnen in letzter Zeit um die Häuser gezogen war.
Wir wollten schon die Hoffnung aufgeben und ins Hotel zurückkehren, da geschah etwas vollkommen anderes.
Sie waren sieben an der Zahl. Ihr Anführer, ein milchbärtiger Bursche von etwa fünfzehn Jahren und wohl der Älteste in dieser kleinen Bande, richtete eine Pistole auf uns. Die Waffe, eine Walther C, war der letzte Versuch des vom Konkurs bedrohten Waffenherstellers, seine Produkte in Südostasien fertigen zu lassen und damit das Schlimmste abzuwenden. Das Gegenteil war der Fall. So bestand wohl die größte Gefahr in dieser Situation darin, dass der billige chinesische Stahl der Belastung eines Schusses nicht standhielt und die Finger des Halbstarken im Radius von zwei Metern verteilte. Die anderen - zwölf- bis vierzehnjährige Jungs - hatten Klappmesser, einer etwas, das einem rostigen Nagel ähnelte.
Ich wusste, dass Nick und Michi die Bande innerhalb von einer Sekunde entwaffnen und in der folgenden in einen Haufen wimmernder (doch weitestgehend unverletzter) Babys zurückverwandeln konnten.
Aber wir alle waren uns unausgesprochen einig, dass diese Jugendlichen etwas anderes brauchten, als Schläge. Und letzten Endes waren diese Jungs ein Teil unseres Jobs.

"Mitkommen!", hauchte der schlacksige Bandenchef an seiner stümperhaft gedrehten Zigarette vorbei.
Wir wurden zu einem alten, verkommenen Siloturm geführt, in dessen Wand mit einem stumpfen Gegenstand und jugendlicher Kraft ein großes, ausgefranstes Loch gesprügelt worden war.
Der Innenraum war mit Postern und allerlei Sperrmüll zu einem autonomen Jugendzentrum umfunktioniert worden.
Der Anführer scheuchte ein knutschendes Pärchen von einem der Sofas und wies uns mit einer Kopfbewegung an, uns zu setzen.
Wie wir erfuhren, hatten diese Jugendlichen wohl irgendwie erfahren, dass wir im Auftrag der Regierung handelten und hatten kurzfristig beschlossen, uns zu entführen und ein paar Forderungen zu stellen.
Es bestand kein Zweifel, das diese Zwerge keine Verbrecher waren. Vielmehr hatte sich hier wie an vielen anderen Orten das Prinzip von Ursache und Wirkung umgekehrt. Das Ministerium für Jugendgewalt war hauptsächlich eine Gefälligkeit für die Alten gewesen. Was niemand berechnet hatte, war, dass die kriminalisierten und an den Rand der Gesellschaft gedrängten Jugendlichen ausnahmsweise genau das taten, was man von ihnen erwartete: rebellieren.
Unruhe war im Schein der Taschenlampen und Kerzen entstanden.
Was wie ein lose zusammengestellter Plan wirkte, wie man auf coole und rebellische Art den Nachmittag verbringen könnte, erwies sich scheinbar als wachsendes Problem.
Es bestand Unsicherheit, was genau für Forderungen man stellen wollte und - ganz nebenbei - wie man weiterhin mit den Gefangenen vorgehen wollte.
Ein kleiner blonder Junge mit einer Zahnspange forderte, dass man uns in Fässer stecken und die Straße runterrollen sollte, so wie in dem neuen Videoclip von Klingenstern.
Mick ergriff das Wort.

"Ach, ihr hört Klingenstern? Dann seit ihr also neofaschistische Metalgothics? In diesem Fall bitte ich Euch, mich sofort zu erschießen."

Nicolai hatte durch unzählige Verhaltenstrainings gelernt, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Er glaubte, in einem bekannten, kaum sichtbaren schmunzeln in Michis Gesicht zu erkennen, dass alles in Ordnung war.
Der blonde Junge sprang auf und holte ein winziges Klappmesser hervor.

"Du hast wohl Scheiße im Kopf, Mann! Klingenstern sind Space Punks!"

Ein ungesprochenes genauso wie wir! schien an den alten Silowänden zu verhallen. Michi musste sein Schmunzeln jetzt verbergen und Nicolai wusste, dass Mick die Jungs in der Tasche hatte.

"Dann wart ihr offenbar nicht auf dem Channel Five Festival in Oslo, wo ihr Sänger Frank Meißen einer lebendigen weißen Taube den Kopf abgebissen hat und das Zeitalter der Roboterherrschaft ankündigte."

Nick bemerkte, wie es den Kindern immer schwerer fiel, ihre coolen Gesichtsausdrücke aufrecht zu erhalten. Bei jedem von Micks Worten wich ein weiteres Stückchen gelangweilter Fassade einer ehrlichen Begeisterung.
Der Milchbart bemerkte, dass seine Anhänger drohten, bedingungslos zur anderen Seite überzulaufen.

"Ach so einen alten Arsch wie den lassen die doch auf kein´ Festival mehr rein. Der hat ein paar Zeitschriften von seinen Kindern gelesen und dachte, er könnte euch verschaukeln, wenner ein paar Worte auswendig lernt. So is das nämlich!"
"Er hat recht", sagte Nick lässig,"ich habe natürlich nicht zwischen den ganzen bekifften Zotteln vor der Bühne rumgestanden. Ich habe mit meinem alten Kumpel Arndt Weißblech im Backstagebereich rumgehangen und ein paar Biere gelüftet. Er hat mir übrigens auch erzählt, dass das Management von Klingenstern der Band einen Imagewechsel nahegelegt hat. Dass sie sich der wachsenden Gruppe von Metalgothics anschließen sollen. Und ihr müsst zugeben, dass das letzte Album schon sehr Kettensägenlastig war."

Das angedeutete Nicken eines rothaarigen Knaben wurde mit einem wütenden Blick des Anführers gestraft.

"Ich kann Euch ein paar Bootlegs von dem Konzert organisieren. Aber ich empfehle Euch, eure Bude schwarz zu streichen und Euch Ringe durch die Nasen schießen zu lassen, denn dann seid ihr MGs. Tut mir Leid, Jungs. Ihr gehört zu einer aussterbenden Art, aber das ist ja nichts Neues für euch."

Eine Weile später ließen uns die Kinder wieder frei. Wie erwartet waren es ein paar brave und harmlose Kinder, die ein Endzeit-Computerspiel namens "Black Star People" nachspielten und etwas Abenteuer in der echten Welt suchten.
Wir machten uns auf den Weg zum Hotel.

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sehr schön :)) danke für das nette gastspiel! biste in buende heute abend. ich nämmich auch...

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jau

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